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Wirtschaft: Fit für die Traumfabrik

„Learning by doing“ reicht nicht. Film- und Fernsehschaffende müssen ihr Wissen ständig erweitern.

Ganz oder gar nicht: Das ist nicht nur der deutsche Titel einer erfolgreichen britischen Komödie, sondern auch das Arbeitsmotto vieler Film- und Fernsehschaffender. Wer vor oder hinter der Kamera arbeitet, pendelt zwischen zwei Extremen, und steckt oft entweder mitten in einer Produktion und hat kaum noch Privatleben – oder ist auf der Suche nach einem neuen Job.

Diesen Leerlauf sollten Film und Fernsehschaffende auch zur Weiterbildung nutzen: Denn viele Angebote bieten neue Chancen, und werden außerdem von der Arbeitsagentur und verschiedenen anderen Programmen gefördert. „Früher hieß es immer, man lernt alles, was man wissen muss, während der Arbeit“, sagt Jutta Wiegmann. Sie hat in den 90er Jahren an der Volkshochschule Tiergarten einen der ersten Weiterbildungslehrgänge für professionelle Schauspieler aufgebaut und das Programm schnell erweitert. 1997 gründete sie das Institut für Schauspiel-, Film- und Fernsehberufe (ISFF), das mittlerweile an die Volkshochschule in Mitte angegliedert wurde.

Ihren Schülern ist heute längst klar, dass man sich auch in der Film- und Fernsehbranche immer wieder weiterbilden muss. Und Jutta Wiegmann legt Wert auf eine strenge Auswahl der Teilnehmer. Sie will Profis noch besser machen: „Wir bilden nicht aus, wir bilden weiter“, sagt sie. Denn der Markt sei ohnehin überfüllt, und man müsse sehr gut sein, um überhaupt eine Chance auf Beschäftigung zu haben. Deshalb wählt sie aus 1500 Bewerbern im Jahr nur rund 500 aus. Ihre Weiterbildungsangebote richten sich an Film- und Fernsehschaffende, Schauspieler, Musicaldarsteller und mit der Weiterbildung zum Game Designer nun auch an Mitarbeiter der IT-Branche.

Die Teilnehmer kommen an der ISFF schnell mit der Arbeitswirklichkeit in Kontakt: Die Weiterbildung zum Regieassistenten und Aufnahmeleiter, die mit einer IHK-Prüfung abschließt, werden zum Teil beim Produktionsunternehmen „Grundy Ufa“ absolviert. So lernen die Teilnehmer das echte Tagesgeschäft kennen – und das Unternehmen mögliche künftige Mitarbeiter. Schauspieler können an der ISFF trainieren, wie man nicht nur auf der Bühne, sondern auch vor der Kamera überzeugt.

Die Kurse im „Camera Actor´s Studio“ werden stark nachgefragt: Die Teilnehmer lernen, mit ihrem Spiel auf den Blick der Kamera einzugehen, bekommen ein Sprach- und Körpertraining und werden darauf vorbereitet, sich bei Castings professionell zu präsentieren. Ein weiterer Kurs vermittelt Schauspielern und Musicaldarstellern, wie sie ihre Karriere strategisch planen und eine überzeugende Homepage gestalten können. Und in welchen Teilsegmenten – etwa Film und Fernsehen, Theater, Werbung oder Synchron – sie sich gezielt positionieren sollten.

Weiterbilden lassen kann man sich an der ISFF aber auch zum Synchron- und Mikrofonsprecher für Film, Fernsehen und Hörfunk. Im ersten Block geht es darum, wie man sich als Synchronsprecher Filmszenen konkret erarbeitet. Der zweite Schwerpunkt umfasst das Mikrofonsprechen und die Arbeit in den Bereichen Hörbuch, Hörspiel und Feature.

Dieser Vollzeit-Lehrgang dauert knapp vier Wochen und kostet 1236 Euro. Neben einer Finanzierung durch die Arbeitsagentur können Interessenten auch die Bildungsprämie nutzen. Über die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten für ihre Weiterbildungsangebote informiert die ISFF telefonisch unter: 030/ 9018 374 43.

Viel Erfahrung in der Film- oder Fernsehbranche bringen auch die Bewerber mit, die sich für die Kurse an der Masterschool Drehbuch interessieren. Darunter sind TV-Redakteure, Lektoren, Autoren oder TV-Producer. Aber auch viele Cutter und Schauspieler.

Ab September bietet die Masterschool mit der TV-Akademie eine dreimonatige Weiterbildung zum Lektor und Dramaturgen an. Schulleiterin Eva-Maria Fahmüller, die ebenfalls ausgebildete Dramaturgin ist, will den Teilnehmern damit ein weiteres Tätigkeitsfeld eröffnen: „Als Autor ist man manchmal in alle seine Figuren verliebt.“ Da ist es hilfreich, wenn ein Profi das Buch nach rationalen Kriterien analysiert. Die Absolventen können nicht nur als Dramaturgen und Lektoren, sondern auch als Script Consultants oder in anderen Bereichen im Rahmen der Stoffentwicklung arbeiten. „Ich finde das unglaublich wichtig, weil sich die Art des Geschichtenerzählens und das Wissen darüber ständig weiterentwickeln“, sagt Fahmüller.

Die Teilnehmer bekommen eine umfassende theoretische Ausbildung in den Bereichen Ideenentwicklung, Figuren und Struktur. Sie erfahren, wie man alternative Dramaturgien entwickelt, Spannungstechniken nutzt oder Szenen und Dialoge gestaltet und verbessert. Außerdem geben die Dozenten ihnen einen Überblick über den deutschen Fernseh- und Sendermarkt – und dessen juristische Besonderheiten. Die Weiterbildung zum Lektor und Dramaturgen kostet 3316 Euro, mit Bildungsgutschein ist eine Kostenübernahme durch die Agentur für Arbeit möglich.

Auch das Schreiben für Daily Soaps und Telenovelas kann man an der Masterschool lernen. Diese unter großem Zeitdruck produzierten Formate bieten vielen Drehbuchschreibern ein verlässliches Einkommen, allerdings auch einen harten Arbeitsalltag. Darüber hinaus hat die Einrichtung einen dreieinhalbmonatigen Kurs für angehende Film- und Fernseh-Autoren im Angebot. Und auch dramaturgische Einzelberatungen.

Bei all diesen Angeboten darf man vielleicht auch als Zuschauer und hoffen: auf einen frischen filmischen Erzählstil „Made in Germany“. Zeit wäre es mal wieder.

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