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Wirtschaft: Fließend sprechen lernt man nur vor Ort

Mit Stipendien ins Reich der Mitte reisen

Nach 17 Uhr herrscht am Konfuzius-Institut in Düsseldorf Hochbetrieb. Etliche Erwachsene lernen hier Chinesisch. Auch in Frankfurt, Hannover oder Leipzig ist es das gleiche Bild. Die im Auftrag der Pekinger Regierung tätigen Institute ziehen hier neben dem Kulturprogramm auch Sprachschüler – Anfänger, Fortgeschrittene und Geschäftsleute – für die „Business Chinese“-Kurse an. Die Nachfrage steigt, Chinesisch ist die neue Trendsprache.

Doch so ganz nebenbei lässt sich diese Sprache nicht erlernen. Zwar erzielen Anfänger dank vergleichsweise simpler Grammatik rasche Erfolge. Aber ambitionierte Lerner landen wegen der für westliche Zungen exotischen Töne, vor allem aber wegen der Schriftzeichen, die keinerlei Aussprachehinweise enthalten, schnell vor der chinesischen Sprachmauer. Und wer in seinem Beruf chinesisch sprechen will, muss lange und intensiv trainieren.

Daher schickt Ingrid Knapp vom Chinareferat des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) Jahr für Jahr ausgewählte junge Leute zum Studium in die Volksrepublik. „In letzter Zeit haben wir immer mehr Bewerber, die mit Chinesisch im Job weiterkommen wollen“, sagt sie. Und vor Ort geht das am Besten.

Anna Radjuk ist eine von ihnen. Die 31-Jährige arbeitet seit Anfang 2009 als Rechtsanwältin im Stuttgarter Büro der Großkanzlei Gleiss Lutz. Doch im Herbst will sie wieder die Schulbank drücken – in China. Der DAAD finanziert Radjuk und etwa 30 weiteren Deutschen zwei Semester Sprachstudium an einer chinesischen Universität. Radjuks Interesse an der chinesischen Sprache und Kultur wuchs, als sie während ihres Referendariats bei der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Peking arbeitete. Dort half sie, chinesische Richter und Anwälte zu trainieren und stellte fest: China und Chinesisch sind nicht nur spannend, sondern können die juristische Karriere beflügeln.

Zurück in Deutschland nahm Radjuk deshalb jeden Samstag privat Unterricht am Institut für Chinesische Sprache und Kultur in Stuttgart und zahlte aus eigener Tasche für den fünfmonatigen Kurs rund 250 Euro. Ihren Jahresurlaub nutzte sie für einen Sommerkurs am College of Eastern Language and Culture in der südwestchinesischen Provinzhauptstadt Kunming. Für die drei Wochen fällt dort umgerechnet eine Kursgebühr von 200 Euro an. Das alles reichte aber nicht für den nächsten Karriereschritt. Deshalb bewarb sich Radjuk beim DAAD für ein Vollzeit-Sprachstudium.

Die Kanzlei bot der promovierten Juristin an, sie für die Dauer des Sprachstudiums zu beurlauben. Nach dem Abschluss kann sie dann sofort wieder einsteigen –mit ihren Sprach- und Kulturkenntnissen ist sie gefragt. Diese würde sich Juristin Radjuk am liebsten an der Beijing Foreign Studies University aneignen. Die Hochschule im Nordwesten Pekings gilt als die beste Sprachuniversität Chinas. Ob Radjuk dorthin gehen kann, ist noch nicht ganz sicher. Wer an welcher Hochschule studieren darf, entscheidet eine Behörde namens China Scholarship Council, die für ausländische Studenten in der Volksrepublik zuständig ist. Doch sie darf hoffen: Oft berücksichtigt die Stipendienbehörde die Wünsche der ausländischen Gäste. Mark Fehr (HB)

Mark Fehr (HB)

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