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Heißer Stoff. H&M berichtet von mehreren Zuliefererfabriken, in denen syrische Flüchtlinge illegal beschäftigt wurden. In einem Fall entdeckten Kontrolleure auch Kinderarbeit.

© Reuters

Flüchtlinge in der Türkei: Syrische Kinder nähten für H&M und Next

Mehrere internationale Modekonzerne berichten in einer Umfrage von Schwarzarbeit und Kinderarbeit bei ihren türkischen Produktionspartnern.

Türkische Zulieferer von internationalen Modeunternehmen haben syrische Flüchtlinge und syrische Minderjährige offenbar illegal beschäftigt. Nach Angaben der britischen Menschenrechtsorganisation Business and Human Rights Center gaben in einer Umfrage mehrere Textilfirmen an, solche Fälle im vergangenen Jahr entdeckt zu haben. Der schwedische Moderiese H&M berichtete von vier türkischen Fabriken, bei denen die illegale Beschäftigung von syrischen Flüchtlingen bekannt geworden war. In einer Produktionsstätte habe ein minderjähriger Flüchtling aus dem Kriegsgebiet gearbeitet. Auch die britische Modekette Next hat in zwei Fabriken von Vertragspartnern Kinderarbeit registriert.
Von den befragten 28 Unternehmen gaben vier an, dass syrische Flüchtlinge im vergangenen Jahr illegal von einzelnen türkischen Zuliefererbetrieben beschäftigt worden seien. Neben H&M und Next gab es Fälle dieser Art offenbar auch bei Partnern des irischen Modediscounters Primark sowie bei Zulieferern von C&A. Die Antwort der Otto Group kam später hinzu und wurde am Dienstag auf der Webseite des Business and Human Rights Centers veröffentlicht. Darin ist die Rede von drei Partnerfabriken, in denen Syrer illegal gearbeitet hätten. Fälle von Kinderarbeit seien nicht bekannt.

Menschenrechtler fordern härtere Kontrollen

Die Fragebögen waren im Dezember verschickt worden. Bis Ende Januar hatten zehn Unternehmen detailliert geantwortet. Acht Hersteller haben nach Angaben der Organisation unvollständige oder allgemeine Angaben gemacht, darunter das Metzinger Unternehmen Hugo Boss. Die deutsche Kette s.Oliver habe auf die Umfrage gar nicht reagiert. Die Menschenrechtler fordern nun, dass Unternehmen härtere Maßnahmen gegen die illegale Beschäftigung syrischer Flüchtlinge in der Türkei ergreifen, etwa grundsätzlich unangekündigte Kontrollen mit arabisch sprechenden Prüfern.
Rund 2,5 Millionen Flüchtlinge hat die Türkei bislang aufgenommen. Die meisten hatten bisher keine Chance auf eine türkische Arbeitserlaubnis. Seit Mitte Januar können sie sechs Monate nach ihrer Registrierung eine Erlaubnis beantragen. Schätzungsweise arbeiten 250 000 bis 400 000 Flüchtlinge illegal im Land. Sie bekommen oft Hungerlöhne und riskieren, Opfer von unzulässigen Arbeitsbedingungen und Gewalt zu werden, hieß es von den Menschenrechtlern.

Türkei als wichtiger Partner deutscher Unternehmen

Die Türkei ist ein wichtiges Partnerland für deutsche Bekleidungsunternehmen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie würden viele Firmen die dortigen Produzenten schon lange persönlich kennen. Es gebe regelmäßige Kontrollen der Arbeitsbedingungen, meist durchgeführt von externen Unternehmen. „Man setzt aber vor allem auf die Vereinbarung von Standards, die häufig Teil der Verträge sind“, sagte Sprecher Hartmut Spiesecke. Derzeit gebe es keinen Grund, davon auszugehen, dass in der Türkei massenhaft Flüchtlinge in Textilfabriken ausgebeutet werden. Einzelfälle könnten jedoch nicht ausgeschlossen werden. In der Vergangenheit hatten Medien immer wieder über Flüchtlinge in türkischer Schwarzarbeit berichtet. Vor allem an der Grenze zu Syrien gibt es in vielen Städten einen sogenannten Arbeiterstrich, auf dem sich vor allem Männer als billige Kräfte anbieten.

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