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Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo bleibt im Lufthansa-Konzern auf ihrem Kurs zu einem Streik. (Archivbild)

© Foto: Oliver Berg/dpa

Update

Lufthansa-Streik am Sonntag: Ufo will Flughäfen in München und Frankfurt lahmlegen

Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo steckt in der Krise. Trotzdem - oder gerade deshalb - kündigt sie nun neue Streiks an.

Zu Allerheiligen geht es hoch her in der Jugendherberge in Frankfurt am Main. Die Mitgliederversammlung der Unabhängige Flugbegleiter Organisation (Ufo) befasst sich am 1. November am ungewöhnlichen Ort mit der Abberufung der Führung, der Einrichtung eines Notvorstands sowie den staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Ufo.

Es geht also drunter und drüber in der Gewerkschaft, die am Montag verkündete, dass sie am Sonntagmorgen in Frankfurt und München die Lufthansa bestreikt. Die Flugbegleitergewerkschaft UFO rief die Beschäftigten dazu auf, ihre Arbeit an dem Tag zwischen 6.00 und 11.00 Uhr ruhen zu lassen.

Tarifforderungen gibt es für die Lufthansa selbst und für deren Töchter Eurowings, Germanwings, Cityline und Sunexpress Deutschland. In der vergangenen Woche hat Ufo mit einer „Roadshow“ die Mitglieder in Streiklaune zu bringen versucht.

Auf die Frage nach der Streikwahrscheinlichkeit sagt Daniel Flohr, stellvertretender Vorsitzender der Ufo: „Zwischen 100 und 1000 Prozent.“ In Wirklichkeit ist die Ufo halbtot und zu einem Arbeitskampf noch weniger in der Lage als zu Beginn des Sommers, als Streiks zur Ferienzeit angekündigt wurde. Es blieb bei der Ankündigung.

Die Lufthansa hat die Flugbegleiterorganisation abgeschrieben und stellt vor Gericht deren Status als Gewerkschaft in Frage. Den langjährigen Ufo-Vorsitzende Nicoley Baublies, dem ehemalige Ufo-Beiratsmitglieder „Machenschaften“ vorwerfen und den Aufbau einer „Kultur der Selbstversorgung“, hat die Lufthansa gefeuert.

Und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi übt sich in Leichenfledderei, indem sie ehemalige Ufo-Mitarbeiter und -Mitglieder übernimmt und den Lufthansa- Konzern zu Tarifverhandlungen über das Kabinenpersonal auffordert. Kurzum: Die Tage der Ufo sind gezählt.

Bislang sind im Lufthansa-Konzern drei Gewerkschaften aktiv: Für die Piloten verständigt sich die Lufthansa mit der Vereinigung Cockpit auf deren Arbeitsbedingungen, für das Bodenpersonal mit Verdi und für die Kabine ist Ufo zuständig. Rund 22000 Flugbegleiter arbeiten im Lufthansa-Konzern – alles potenzielle Ufo-Mitglieder, deren Tarifverträge jedenfalls bislang vom Ufo-Management ausgehandelt wurden.

Vor ein paar Tagen erst hat die Ufo der Lufthansa folgende Forderungen zugestellt: Eine Gehaltserhöhung für das Kabinenpersonal in den Lufthansa-Maschinen um 1,7 Prozent, rückwirkend ab 1. Juli; die Einführung einer betrieblichen Altersvorsorge bei Eurowings mit einem Arbeitgeberanteil von sechs Prozent; einen Tarifvertrag über Teilzeit bei den Germanwings-Stewardessen sowie zwei Prozent mehr Geld für die Flugbegleiter bei Lufthansa Cityline.

Für die Sunexpress-Kabine fordert Ufo fünf Prozent mehr Geld, da diese Beschäftigten mit einem Jahresgehalt von 24000 Euro „die niedrigsten Einkommen im ganzen Lufthansa-Konzern haben“.

Ist Ufo überhaupt tariffähig?

So weit, so normal im Tarifgeschäft. Die Lufthansa jedoch stellt die Tariffähigkeit der Ufo in Frage und denkt überhaupt nicht daran, mit den Ufo-Funktionären über deren Forderungen zu verhandeln. Die Tarifverträge hätten nicht gekündigt werden können, weil es keinen formal-korrekten Ufo-Vorstand gegeben habe, argumentiert der Konzern, und stellt den Status als Gewerkschaft grundsätzlich in Frage. Im April nächsten Jahres wird sich das hessische Landesarbeitsgericht mit der Statusfrage befassen. Wenn es bis dahin noch eine Ufo gibt.

Bis heute wirbt die Organisation damit, „die berufs- und tarifpolitischen Interessen von mehr als 30000 Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter“ in Deutschland zu vertreten. Das klingt nach 30.000 Mitgliedern, doch tatsächlich ist es nur ein Bruchteil davon. Vor ein paar Monaten gehörten schätzungsweise knapp 13000 Flugbegleiter zu Ufo, Angaben aus dem Lufthansa-Konzern zufolge hat sich diese Zahl bis heute auf rund 6000 mehr als halbiert.

„Inzwischen haben viele festangestellte Mitarbeiter im Ufo-Büro (Juristen, Buchhaltung, Sekretariat, Gesundheitsschutz und IT) gekündigt und die Organisation verlassen“, heißt es in dem Antrag zum Vorstandssturz am 1. November. Und weiter: „Bei Eurowings haben sich die Mitarbeiter bereits bei Verdi organisiert, TuiFly ist fest in Verdi-Hand und zusätzlich gründet die Gewerkschaft IGL ebenfalls einen Kabinenbereich. Immer mehr (Ufo-) Mitglieder kündigen ihre Mitgliedschaft.“

Dazu ist die Finanzlage der Organisation desolat und der innere Zersetzungsprozess so weit fortgeschritten, dass die Lufthansa in Verdi einen alternativen Tarifpartner sieht. Noch will sich der Konzern dazu nicht äußern, doch dem Vernehmen nach hat Verdi am Freitag die Lufthansa zu Tarifverhandlungen aufgefordert und rechnet am Monat mit einer Antwort. In der Kabine von Germanwings, Cityline und Eurowings ist Verdi schon im Geschäft – das war nicht leicht, angeblich gab es sogar von Ufo-Vertretern Morddrohungen gegen Verdi-Leute. Eine Art Klassenkampf in der gleichen Klasse.

Oder die letzten Zuckungen einer Organisation, die sich durch Missmanagement und Selbstbedienung an der Spitze selbst zerstört hat. „Mehrere Mediationen, sowie vermeintliche Lösungsansätze zur Belegung des Vorstandskonflikts (...) haben zu noch tieferen Grabenkämpfen geführt“, heißt es in einem Antrag zur Ufo-Mitgliederversammlung am 1. November. Nach einem erfolgversprechenden Rettungsversuch klingt das nicht.

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