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Wirtschaft: Fluggesellschaften: Die Airlines zögern noch mit Preissenkungen

Seit den Terroranschlägen Anfang des Monats fliegen die Maschinen der großen US-Fluglinien halb leer. Eigentlich wären jetzt Sonderpreise das Mittel, die freien Plätze zu füllen.

Seit den Terroranschlägen Anfang des Monats fliegen die Maschinen der großen US-Fluglinien halb leer. Eigentlich wären jetzt Sonderpreise das Mittel, die freien Plätze zu füllen. Doch die Fluggesellschaften verlangen noch immer die vollen Preise. Sie fürchten, opportunistisch oder unsensibel zu erscheinen, wenn sie mit Preisabschlägen werben. Außerdem sind sie unsicher, ob günstigere Preise überhaupt helfen würden, die nervösen Kunden wieder anzulocken.

Von den größeren Gesellschaften bietet nur Southwest Airlines Sonderpreise an. Gleichzeitig fährt das Unternehmen eine neue, patriotische Werbekampagne. Aber es gibt Anzeichen, dass andere Fluglinien bald nachziehen werden. Leo Mullin, der Chef von Delta Airlines, kündigte vergangene Woche Sonderpreise an. Zudem plane Delta Änderungen im Vielflieger-Programm. "Wir müssen die Befürchtungen überwinden und die Leute einfach zum Fliegen bekommen."

Europäische Fluglinien schlagen sich außer mit der Psyche der Kunden mit einem weiteren Problem herum: höheren Kosten. Die Versicherungsprämien sind gestiegen und gleichzeitig muss die Sicherheit verbessert werden. Das fängt mit dem Einbau stärkerer Cockpit-Türen an und reicht bis hin zu Sicherheitsbeamten, die im Flugzeug mitreisen. Die meisten Fluggesellschaften haben daher sogar die Preise angezogen - Lufthansa, KLM, Austrian Airlines und SAS in der vorvergangenen Woche zwischen fünf und zehn Prozent.

Nach dem Golfkrieg senkte British Airways die Preise für Flüge ab London um 15 Prozent. Diesmal hat das Unternehmen die Anzahl der Flüge reduziert, macht aber keine Anstalten zu Preissenkungen. "Erst wenn die neuen Sicherheitsvorschriften in den USA festgelegt sind, können wir entscheiden, ob wir die Kosten an den Verbraucher weitergeben", teilte das Unternehmen mit. Nur einige europäische Billigfluglinien haben die Preise reduziert. Die in Irland beheimatete Ryanair bietet bis Ende November eine Million Plätze für 9,99 Pfund an; die Londoner Billiglinie easyJet kündigte an, sie werde ebenfalls Sonderaktionen zur Verkaufsförderung einsetzen.

Bei Preissenkungen müssen vor allem die US-Fluggesellschaften Acht geben. Viele Passagiere sind durch schlechten Service bereits verärgert. "Ich befürchte, die Fluglinien werden jetzt Flugreisen so unerfreulich wie möglich machen - unter dem Vorwand, Sicherheit und Pünktlichkeit zu erhöhen", sagt Stephen Cooke, ein Vielreisender aus Richmont, Virginia. Er fuhr vor kurzem zehn Stunden mit dem Auto zu einem Geschäftstermin. Nicht aus Flugangst, wie er sagt, sondern weil er einfach keine Lust mehr auf die Business-Class hat.

Derzeit fliegen die meisten Flugpassagiere geschäftlich. In diesem Kundensegment war die Anzahl der Passagiere noch nie groß vom Preis abhängig; Geschäftsreisende müssen zu ihrem Ziel kommen, ob ein Ticket 500 oder 1500 Dollar kostet. Durch günstigere Tickets schmälerten die Fluggesellschaften in der Vergangenheit nur ihren Gewinn. Daher versuchen die Gesellschaften auch jetzt an denen ihr Geld zu verdienen, die fliegen müssen. Dagegen reagieren Urlaubsreisende sehr empfindlich auf Preisänderungen. In den vergangenen Jahren boten die Gesellschaften fast andauernd Sonderpreise, um Urlauber in Kauflaune zu halten. Jetzt hingegen fürchten sie, dass ängstliche Touristen auch dann nicht an den Himmel zurückkehren, wenn das Ticket 100 Dollar weniger kostet.

Während die Fluglinien zögern, haben andere in der Reisebranche ihre Preise aggressiv gesenkt. Loews Miami Beach Hotel, ein Fünfsterne-Etablissement, bietet die Standard-Zimmer für 99 Dollar pro Nacht an. Vor dem 11. September waren es 189 Dollar. Gleichzeitig dümpelt die Belegungsrate des Hotels während der Woche bei etwa 30 Prozent - gegenüber 80 Prozent in der Woche vor dem Angriff. Etwa die Hälfte der Gäste sind aus Florida; früher waren es nur 20 Prozent.

Die Mietwagenfirma Hertz, die zum Automobilkonzern Ford gehört, senkte die Preise in einigen Städten um 45 Prozent. Autos der Kompaktklasse kosten nur noch 20 Dollar täglich, große Autos 40 Dollar; Bedingung ist, dass der Mietzeitraum eine Nacht zum Sonntag enthält. "Das ist ein kurzfristiger Anreiz zum Anheben der Nachfrage", sagte Hertz-Sprecher Richard Broome. "Langfristig müssen sich die Leute beim Reisen gut fühlen, und kein Sonderpreis wird das bewirken."

Einige Unternehmen betrachten die Lage sogar als Chance. Die New Yorker Firma Tran-Star Executive Transportation Services will Reisende, die sich nach den Attentaten vor dem Fliegen fürchten, als neue Kunden gewinnen. Das Unternehmen unterhält eine Flotte von 70 Luxusautos, Bussen und Limousinen und bietet bis 19. Oktober Preisnachlässe auf Wagen mit Chauffeur zwischen elf Städten an der Ostküste. So kostet Hin- und Rückreise von Long Island nach Washington D.C. statt 1200 nur noch 499 Dollar. Nach Angaben von Cruises Only, einem Reisebüro in Delray Beach, Florida, beträgt der Listenpreis für eine siebentägige Kreuzfahrt in die Südkaribik derzeit 499 Dollar pro Person in der Doppelkabine. Die gleiche Kreuzfahrt kostete im vergangenen Jahr etwa 899 Dollar pro Person.

Keith Waldon vertritt Virtuoso, ein Netz von Reisebüros im oberen Preissegment. Sein besonderes Angebot: Eine siebentägige Karibik-Kreuzfahrt mit Princess Cruises ab 549 Dollar pro Person. Waldon beobachtet insbesondere im Ausland einen Trend zu Sonderangeboten: Dort sind die Preissenkungen in Urlaubsorten und Clubs und sogar für die Fluglinien radikaler als in den USA. Man rollt den roten Teppich aus, um den amerikanischen Reisenden zur Rückkehr zu bewegen.

Melanie Trottman

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