zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Fluglinien warnen vor Ticket-Abgabe

Zuschlag für die Entwicklungshilfe verzerrt angeblich den Wettbewerb

Berlin - Deutsche Fluggesellschaften haben am Montag gegen die von Deutschland unterstützte Einführung einer Abgabe auf Flugtickets zugunsten der Entwicklungshilfe protestiert. „Eine solche Abgabe würde die Konjunktur bremsen“, sagte ein Lufthansa-Sprecher dem Tagesspiegel. Man könne dem Verbraucher jeden Euro „nur einmal aus der Tasche ziehen“. Die Wettbewerbssituation der Lufthansa werde sich vor allem verschlechtern, wenn manche Länder die Abgabe einführten und andere nicht.

Die EU-Finanzminister hatten sich am Wochenende grundsätzlich darauf geeinigt, eine Sonderabgabe auf Flugtickets einführen zu können, um ihre Entwicklungshilfe aufzustocken. Allerdings sind nur fünf bis sechs Länder bereit, eine solche Abgabe obligatorisch einzuführen – darunter Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Belgien. Die anderen Länder wollen allenfalls eine freiwillige Abgabe ermöglichen.

Die deutschen Fluggesellschaften befürchten daher Nachteile gegenüber ihren europäischen Konkurrenten. „Das wäre schwer zu verkraften“, sagte ein Sprecher von Air Berlin. Deutschland will sich zwar dafür einsetzen, dass die Abgabe europaweit eingeführt wird. Dafür gebe es jedoch kaum eine Chance, hieß es in Ministerratskreisen. Die Details der Abgabe sollen beim nächsten Treffen der Minister Anfang Juni besprochen werden. Wahrscheinlich ist, dass sie ein bis zwei Euro pro Ticket betragen wird.

Verbraucherschützer wollten sich am Montag noch nicht zu der Abgabe äußern. „Wir sind der Meinung, dass es grundsätzlich legitim wäre, wenn der Verbraucher höhere Preise für Flugtickets zahlt, weil die Umweltkosten mit eingerechnet werden“, sagte Otmar Lell vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Deshalb waren die Verbraucherschützer auch für die Einführung einer Steuer auf Flugbenzin. Die ist bei den EU-Finanzministern allerdings jetzt vom Tisch, weil sich unter anderem Großbritannien dagegen sträubt. „Wir sind uns noch nicht im Klaren darüber, ob die Abgabe für die Entwicklungshilfe ausgerechnet an das Flugticket gekoppelt sein sollte“, sagte Lell. Bei der Lufthansa findet man die Koppelung jedenfalls „willkürlich“. Man könne genauso eine Abgabe auf CDs fordern, sagte der Sprecher. Im Finanzministerium beruft man sich auf die Umwelt – „es ist ein positiver Effekt, weil man so auch die Umwelt schützt“. Die Logik dahinter ist, dass Kunden weniger fliegen, wenn die Tickets teurer werden.

Hintergrund ist aber vor allem auch, dass die „ Milleniumsziele“ der Vereinten Nationen erfüllt werden sollen. Die UN wollen den Anteil an der Entwicklungshilfe in den Industriestaaten bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern. Damit soll auch die Säuglingssterblichkeit durch Impfprogramme reduziert werden. Dafür sind rund vier Milliarden Euro erforderlich. Laut EU-Kommission kämen bei einer Abgabe von zehn Euro auf jedes Flugticket rund sechs Milliarden Euro zusammen. „In unserer Haushaltslage müssen wir einfach kreativ sein und nach alternativen Finanzierungsquellen suchen“, begründete eine Sprecherin des Finanzministeriums die Pläne.

Flora Wisdorff

Zur Startseite