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Flugverkehr: Klimaschutz auch über den Wolken

Was für die Verbraucher immer billiger wird, kommt die Umwelt teuer zu stehen: das Fliegen. Damit ist der Luftverkehr ins Visier von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas geraten.

Brüssel - Die Ticketpreise sind am Boden, die Klimabelastung durch Flugabgase aber nimmt zu. Der EU-Umweltkommissar will die Airlines zum Kampf gegen Klimaschmutz zwingen und legt deshalb an diesem Mittwoch einen Gesetzentwurf vor, wonach von 2011 an auch für Flieger Obergrenzen beim Schadstoff-Ausstoß gelten sollen - und zwar bei allen Flügen in die EU, aus ihr hinaus sowie innerhalb Europas. Heftige Turbulenzen sind vorprogrammiert.

Vor allem dank der Billigflieger steigen EU-Reisende heute öfter ins Flugzeug denn je - Städtehopping in Europa ist inzwischen mit dem Flieger oft wesentlich günstiger als mit der Bahn. Die Branche boomt. Was über den Wolken aber gern vergessen wird: Die Abgase - vor allem Kohlendioxid (CO2) -, die die Maschine auf dem Weg nach Berlin, Mallorca oder zum Vorweihnachtsshopping nach New York ausstößt, gehen direkt in die Atmosphäre und richten dort gründlichen Schaden an.

CO2 viermal klimaschädlicher als am Boden

Die EU-Kommission geht davon aus, dass der Schadstoffausstoß durch den Flugverkehr seit 1990 um 87 Prozent zugenommen hat - auch, wenn er EU-weit nur drei Prozent der gesamten CO2-Emissionen ausmacht. Den Umweltschützern von Greenpeace zufolge wirken Abgase, die in einer gängigen Flughöhe von 7000 bis 15.000 Metern freigesetzt werden, bis zu viermal klimaschädlicher als am Boden.

Nach dem Willen der EU soll deshalb künftig auch der Flugverkehr am Emissionshandel teilnehmen: Dann dürften auch Fluglinien nur noch eine bestimmte Menge CO2 pro Jahr in die Luft blasen. Bislang sind nur Industrie und Energiewirtschaft in der EU an dem Handel mit Verschmutzungsrechten beteiligt: Jede Anlage bekommt eine bestimmte Menge Rechte in Form von Zertifikaten. Stößt sie weniger CO2 aus als erlaubt, kann sie überzählige Zertifikate an Unternehmen verkaufen, denen ihre Zuteilungen nicht reichen.

Streit mit USA vorprogrammiert

Mit den aktuellen EU-Plänen würden auch Airlines aus Drittstaaten auf Verschmutzungsgrenzen verpflichtet - zum Beispiel, wenn Flieger einer US-Linie Ziele in der EU anfliegen oder in der EU starten. Dies ist denn auch einer der besonders strittigen Punkte des Vorhabens: Schließlich gehören die USA nicht einmal zu den Mitgliedstaaten des Klimaschutz-Protokolls von Kyoto. Mit ihrem energischen Widerstand gegen die EU-Pläne ist deshalb zu rechnen.

Aber auch hinter den Berliner Kulissen rumorte es schon vor Präsentation des EU-Gesetzentwurfs. Während Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) die Pläne während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 voranbringen will, stellt Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) den Sinn des Entwurfs in Frage. Er warnt vor Nachteilen für europäische Fluggesellschaften im internationalen Wettbewerb.

Außereuropäische Airlines im Vorteil

Dies sehen die Airlines natürlich genauso. Wenn der Flugverkehr Teil des Emissionshandels werden solle, müsse ein weltweites System her - das "Biotop EU" sei für wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu klein, sagt ein Sprecher von Air Berlin. Auch ein Sprecher der Lufthansa warnt, solange nur Flüge betroffen seien, die in der EU starteten oder landeten, seien außereuropäische Airlines mit Drehkreuzen in Drittstaaten im Vorteil. Wenn etwa ein Lufthansa-Passagier auf dem Weg von Hamburg nach Bangkok in Frankfurt/Main umsteige, fielen beide Flüge unter den Emissionshandel - wähle ein Reisender eine arabische Linie und steige in Dubai um, sei nur der Flug Hamburg-Dubai davon betroffen.

Ob die Ticketpreise mit dem EU-Gesetz wieder steigen würden, wollen die Fluglinien noch nicht sagen. Lufthansa erklärt, natürlich müsse der Konzern mögliche Zusatzkosten tragen - ob sie sich an die Reisenden weitergeben ließen, sei eine ganz andere Frage. Bevor sie aber den Emissionshandel ausweite, solle die EU-Kommission besser den europäischen Luftraum weiter voranbringen: Dann könnten die Flieger auf viele Warteschleifen und Umwege verzichten und damit bereits den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren, heißt es bei der Kranich-Airline. (Von Andrea Schneider, AFP)

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