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Die neuen Regelungen bei der Besteuerung sind für Anleger verwirrend.

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Fonds-Serie Teil 2: Durchblick bei der neuen Fondssteuer

Ab Januar ändert sich die Besteuerung von Fonds. Für Anleger ist das verwirrend. Was sie darüber wissen sollten.

Am 1. Januar 2018 beginnt für die meisten der rund 15 Millionen deutschen Fondsanleger eine neue Ära. Grund ist das Investmentsteuerreformgesetz, das die Besteuerung von Aktien-, Misch- und Immobilienfonds sowie passiven Indexfonds (ETF) völlig neu regelt. Durch die im Detail hochkomplexe Neuregelung werden dann erstmals Aktivitäten des Fondsmanagements direkt besteuert, was den Ertrag für den Anleger mindert. Zum Ausgleich erhält der Kunde Ermäßigungen bei der Abgeltungssteuer in Höhe von 26,38 Prozent (inklusive Soli, aber ohne Kirchensteuer), die er auf seine Erträge zahlen muss.

Ein Überblick über alle Neuerungen, Probleme und Kosten: Ab dem kommenden Jahr müssen Fondsmanager grundsätzlich 15 Prozent der Erträge aus Dividendenzahlungen, Mieterträgen und Immobilienverkäufen, die in Deutschland anfallen, direkt an den Staat abführen. Dividenden besteuert der Staat damit künftig dreifach: Sie stammen ja aus versteuerten Gewinnen der Unternehmen, wovon der Fonds nach Ausschüttung zusätzlich 15 Prozent abtreten muss und der Anleger weitere Abschläge über die Abgeltungssteuer trägt. Alle anderen Erträge auf der Fondsebene, also beispielsweise Zinseinkünfte von Rentenfonds, Erträge aus Optionen oder Kursgewinne mit Aktien, bleiben steuerfrei.

Warum sich die Besteuerung ändert

Notwendig war die Reform aus drei Gründen, heißt es im Bundesfinanzministerium: Erstens sollen damit „Steuergestaltungsmodelle ausgeschlossen“ und „neue Gestaltungsmissbräuche reduziert“ werden. Sie ergaben sich durch die unterschiedliche steuerliche Behandlung ausländischer und inländischer Fonds, denn Anleger waren bisher selbst dafür verantwortlich, regelmäßige Erträge ausländischer Papiere, etwa Dividenden, in der Steuererklärung anzugeben. Gleichzeitig werden, zweitens, inländische Fonds ihren ausländischen Wettbewerbern gleichgestellt, denn diese müssen in anderen Ländern Quellensteuer zahlen. Drittens sieht das Bundesfinanzministerium in der Neuregelung eine Vereinfachung der Besteuerung. Maßgeblich für die Berechnung der Steuern seien zukünftig nur noch vier statt bisher 33 Rechengrößen: der Fondstyp, der Wert des Fonds am Jahresanfang, der Wert am Jahresende und die Höhe der Ausschüttung.

Der Anleger erhält zum Ausgleich für die Belastung des Fondswerts einen Rabatt auf die Abgeltungssteuer, die auf laufende Erträge und auf Kursgewinne beim Verkauf fällig wird. Die Höhe des Rabatts ist abhängig von der Fondsart und von der Höhe der Gewinne, denn bis zum Steuerfreibetrag von 801 Euro (1602 für Paare) wird keine Steuer und damit auch kein Rabatt fällig. „Die Teilfreistellungen nützen Ihnen als Kleinanleger nichts“, lautet das Urteil von „Finanztest“. Bei Aktienfonds bleiben künftig 30 Prozent steuerfrei, bei Mischfonds 15 Prozent und bei Offenen Immobilienfonds 60 beziehungsweise 80 Prozent, wenn der Anlageschwerpunkt im Ausland liegt. Die Freistellung ist unterschiedlich, weil sich die Belastung auf der Fondsebene je nach Fondstyp stark unterscheidet.

Alle Fonds werden regelmäßig besteuert

Neu ist ab Januar auch die sogenannte Vorabpauschale, eine Steuer auf Wertsteigerungen aller Art, die künftig regelmäßig jedes Jahr zu zahlen ist. Bei inländischen Fonds ersetzt die Pauschale die bisherigen „ausschüttungsgleichen Erträge“, bei ausländischen die eigenständige Angabe des Anlegers in seiner Steuererklärung. Das bedeutet: Demnächst werden alle Fonds, die sich im Depot eines deutschen Privatanlegers befinden, regelmäßig besteuert. Ob sich ein Fonds in Deutschland befindet oder im Ausland, ist ebenso unerheblich wie die Frage, ob er Erträge thesauriert (wieder anlegt) oder ausschüttet.

Allerdings: Quellensteuern, die bisher von ausländischen Fonds automatisch abgeführt wurden, sind künftig nicht mehr auf die Abgeltungssteuer anrechenbar. Auch die Steuerstundung, wie sie bisher beispielsweise bei manchen passiven Aktienfonds (ETF) möglich war, wenn Steuern erst beim Verkauf fällig wurden, gehört damit der Vergangenheit an. Die Berechnung der Vorabpauschale ist extrem kompliziert, wird aber komplett von der Depotbank übernommen. Im Prinzip wird zunächst ein Basisertrag für den Fonds berechnet, indem der Rücknahmepreis eines Fonds zu Jahresbeginn mit 70 Prozent des Basiszinses multipliziert wird. Der Basiszins ist eine Größe für den risikolosen Zins 15-jähriger Staatsanleihen, den die Bundesbank regelmäßig veröffentlicht und der aktuell bei 0,77 Prozent liegt. Je nach Höhe des Basisertrags, der Ausschüttungen und der Wertsteigerung berechnet sich die Steuer. Der Fondsanbieter kann die Steuer direkt vom Verrechnungskonto des Anlegers einziehen, selbst wenn das Konto dann ins Minus rutschen würde.

Nur in seltenen Fällen müssen Anleger mehr zahlen als heute

Verbraucherschützer und Fondsexperten loben einerseits die vereinfachte Handhabung, denn künftig werden alle Steuern direkt abgeführt und zwischenzeitlich gezahlte Steuern auch beim Verkauf mit der dann anfallenden Abgeltungssteuer verrechnet. Doch andererseits monieren Experten, dass die Steuerlast für den Anleger nun nicht mehr transparent nachvollziehbar sei. Hier gelte ein Bonmot, das Einstein zugeschrieben wird, bemängeln Fondsvertreter: „Bei der Steuererklärung muss man Philosoph sein, für einen Mathematiker ist sie zu kompliziert.“ Der Bundesfinanzminister versichert allerdings, dass die Steuerbelastung nur in seltenen Fällen höher sein werde als bisher. Kritiker innerhalb der Fondsindustrie meinen auch, dass die komplexe Steuerberechnung, die bei Fondssparplänen eine jeden Monat gezwölftelte Berechnung der Vorabpauschale durchführen müsse, die Kosten für die Anbieter erhöhen und vor allem kleine Vermögensverwalter aus dem Markt befördern werde.

Zudem gilt: Die neuen Steuerregeln werden die Anlagepolitik vieler Fonds verändern. Grund dafür sind die speziellen Voraussetzungen, die an die steuerliche Teilfreistellung für den Anleger geknüpft sind. So muss beispielsweise ein Mischfonds mindestens 25 Prozent in Aktien halten, damit der Anleger hinterher 15 Prozent der Erträge steuerfrei erhält. Die Fondstochter der Deutschen Bank hat deshalb bereits für 19 in Deutschland aufgelegte Mischfonds die Anlagebedingungen angepasst und die Aktienquote angehoben, betont aber gleichzeitig, dass diese Anteile mittels Derivaten auch wieder gesenkt werden könnten, sollte die Marktlage es erfordern. Andere Fondsanbieter handhaben dies ähnlich. Auch Fonds, die auf Dividenden-Perlen setzen, könnten unter der neuen Gesetzgebung leiden. Denn die Ausschüttungen dieser Fonds werden künftig deutlicher steuerlich gedeckelt als Aktienfonds, bei denen Ausschüttungen nicht direkt im Vordergrund stehen.

Die Anbieter stellen ihre Produkte um

Da für die Besteuerung entscheidend sei, was sich tatsächlich in einem Fonds befinde, sind laut deutschem Fondsverband BVI auch die Anbieter von manchen passiven Indexfonds dabei, ihre Produkte umzustellen. Denn einige ETF haben nicht zu 100 Prozent jene Aktien im Portfolio, deren Wertentwicklung das Papier abbilden soll, sondern bilden die Performance mithilfe von Swaps nur künstlich ab. Dadurch entgehe dem Anleger jedoch die Teilfreistellung von 30 Prozent für Erträge von Aktienfonds.

Eine weitere Änderung im neuen Gesetz geht auf ein Versprechen zurück, das der Staat den Anlegern 2009 bei der Einführung der Abgeltungssteuer gab: Die Erträge aus Papieren, die vor 2009 gekauft worden waren, blieben grundsätzlich steuerfrei, hatte die Bundesregierung damals versprochen.

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