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Gut und teuer. VW stellt viel selbst her und braucht deshalb mehr Mitarbeiter. Foto: dapd

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Wirtschaft: Ford ist produktiver als Volkswagen

Studie: Mitarbeiter bauen mehr Autos und operativer Gewinn pro Fahrzeug ist höher / Premierenschau auf dem Autosalon Genf

Berlin - Es darf wieder gefeiert werden in der Automobilindustrie. Vom kommenden Donnerstag an bieten sich dazu viele Gelegenheiten auf dem 81. Genfer Autosalon (3. bis 13. März), der in diesem Jahr ganz im Zeichen der erholten Konjunktur und der großen Nachfrage nach Autos vor allem in China, den USA und Russland steht. Auch in Genf nehmen Elektromobile und alternative Fahrzeuge neben den klassischen Autos immer mehr Platz ein. Ihnen ist der „Grüne Pavillon“ vorbehalten, in dem 36 Aussteller rund 20 Welt- und Europa-Premieren zeigen. Doch die großen Gewinne und die größte Aufmerksamkeit erzielen immer noch Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Die tiefste Krise der Branche ist Vergangenheit. Insgesamt rund 170 Welt- und Europapremieren werden die 260 Aussteller aus 31 Ländern in Genf präsentieren. Mehr als 700 000 Besucher werden auf der Messe erwartet.

Große Hersteller haben rechtzeitig vor Beginn des Autosalons glänzende Geschäftszahlen präsentiert – so auch Volkswagen und Daimler. Aber vor allem der VW-Konzern, Europas größter Autohersteller, steht inzwischen wieder im Wettbewerb mit Herstellern, mit denen vor knapp zwei Jahren niemand mehr gerechnet hatte: General Motors (GM) und Ford. Beide US-Konzerne standen in der Krise 2008/2009 vor dem Abgrund, GM rutschte in die Insolvenz. Doch das Comeback gelang, GM macht wieder Gewinn, auch wenn das Europageschäft mit Opel/Vauxhall nicht in Gang kommt.

Vor allem der Massenhersteller Ford sieht im Vergleich zu seinem europäischen Wettbewerber Volkswagen gut aus, wie eine aktuelle Analyse des Center Automotive Research (Car) der Universität Duisburg-Essen zeigt, die dem Tagesspiegel vorliegt. Danach erzielt der US- Hersteller einen höheren operativen Gewinn pro verkauftem Fahrzeug als der Wolfsburger Konzern – umgerechnet 1165 Euro im Vergleich zu 991 Euro bei VW. „In seiner Profitabilität hat VW ein sehr gutes Jahr 2010 gehabt“, schreibt Car-Direktor Ferdinand Dudenhöffer. „Aber im Vergleich beim operativen Gewinn pro Fahrzeug schneidet Ford besser ab.“ Obwohl der VW-Konzern deutlich mehr Umsatz (126,9 Milliarden Euro) erwirtschaftet als Ford (93,7 Milliarden Euro) und knapp 1,7 Millionen mehr Autos verkauft, spielt der deutsche Konzern der Studie zufolge seinen Größenvorteil nicht aus. Beim Umsatz und Gewinn je Mitarbeiter liegt VW sogar deutlich hinter seinem Wettbewerber. So baute ein VW-Mitarbeiter 2010 im Schnitt 18 Autos – bei Ford waren es 34, bei GM sogar 42. „Das hängt auch damit zusammen, dass VW viele Zulieferteile im Konzern selbst produziert“, heißt es in der Car-Studie. „Die Frage stellt sich, wie profitabel diese Strategie ist.“

Dies umso mehr, als VW unlängst angekündigt hat, in den kommenden sechs bis acht Jahren 50 000 neue Stellen schaffen zu wollen. Die Mitarbeiterzahl im Konzern mit seinen zehn Marken würde dann auf 450000 steigen. Zum Vergleich: Ford beschäftigt 164 000, GM 202000. „Damit VW seine Mitarbeiterproduktivität durch die Neueinstellungen nicht verschlechtert, müssten im Konzern pro Jahr 8,1 Millionen Fahrzeuge verkauft werden“, schreibt Dudenhöffer. Um die Mitarbeiterproduktivität von Ford zu erreichen, müsste VW sogar mit 450 000 Mitarbeitern mehr als 15,1 Millionen Fahrzeuge verkaufen. 2010 waren es 7,2 Millionen. Ziel von VW-Chef Martin Winterkorn ist es, bis 2018 – oder etwas früher – zehn Millionen Autos zu verkaufen und damit Toyota von Platz eins des globalen Automarktes zu verdrängen.

Ungeachtet seiner starken Marktstellung und Innovationskraft sieht die Car- Studie im geplanten Mitarbeiteraufbau eine Gefahr, die sich aus den hohen Fixkosten ergeben könnten – dies vor allem in Krisen. „Im Vergleich zu Ford, einem erfolgreichen Unternehmen, geht VW hier sehr hohe Risiken ein.“ Volkswagen habe den Anspruch, große Teile seiner Fahrzeuge selbst herzustellen. Dieser Qualitätsanspruch gehe auf Kosten der Flexibilität. „VW geht Risiken ein, die Ford meidet“, sagte Dudenhöffer. Dass sich die Geschäfte der Autoindustrie wieder eintrüben können, dessen ist man sich auch in Wolfsburg bewusst. VW-Chef Winterkorn hat dabei aber weniger die hohen Personalkosten im Blick. Bei der Vorlage der Zahlen für 2010 warnte er vor einem nicht weniger aktuellen Risiko: explodierenden Rohstoffkosten. Henrik Mortsiefer

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