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Wirtschaft: France Télécom lässt Mobilcom hängen

Franzosen erwarten eine „deutsche Lösung“ / Kredit über 4,7 Milliarden Euro wird Donnerstag fällig

Berlin (vis/dpa). Mobilcom hofft erneut auf eine Rettung in letzter Minute. Am Donnerstag wird wieder einmal ein Kredit über 4,7 Milliarden Euro fällig, den das angeschlagene Mobilfunkunternehmen zum Aufbau eines UMTSNetzes aufgenommen hatte. „Wir sind vorsichtig optimistisch“, dass es eine positive Lösung für das Unternehmen geben werde, sagte ein Mobilcom-Sprecher. Zu Inhalt und Stand der Verhandlungen wollte sich der Sprecher allerdings nicht äußern. Auf der Verwaltungsratssitzung des Mobilcom-Großaktionärs France Télécom am Montag seien keine Entscheidungen über die Zukunft des Unternehmens getroffen worden, hieß es aus Paris. Finanzvorstand Jean-Louis Vinciguerra sagte am Dienstag, „es scheint, als zeichne sich auf deutscher Seite eine Lösung ab“.

Die unsichere Zukunft von Mobilcom spiegelte sich am Dienstag auch im Kursverlauf. Die Aktie verlor am Vormittag zunächst 10,6 Prozent auf 4,30 Euro, legte dann am frühen Nachmittag auf 5,30 Euro zu. Zu Handelsschluss lag die Aktie noch bei 4,86 Euro mit 1,04 Prozent im Plus.

Mobilcom war in akute Finanznot geraten, nachdem sich France Télécom im September aus der Kooperation zum Aufbau eines UMTS-Netzes in Deutschland zurückgezogen und die Zahlungen an Mobilcom eingestellt hatte. Die Banken hatten den UMTS- Kredit über 4,7 Milliarden Euro in der Vergangenheit bereits vier Mal kurzfristig gestundet. France Télécom, die 28,5 Prozent der Anteile an Mobilcom hält, hat den Banken vorgeschlagen, den Kredit durch die Ausgabe von Wandelanleihen auf France-Télécom-Aktien abzulösen. Eine ähnliche Absprache gibt es auch mit Nokia und Ericsson. Die Ausrüster hatten Mobilcom Lieferantenkredite in Höhe von 1,2 Milliarden Euro gewährt. Hinzu kommt noch ein Gesellschafterdarlehen der Franzosen in Höhe von einer Milliarde Euro: Insgesamt geht es also um eine Summe von 6,9 Milliarden Euro.

Noch sind die Verträge mit den Banken und den Lieferanten aber noch nicht unterschrieben. Denn France Télécom und Mobilcom streiten noch, wer die Schulden am Ende übernimmt und was mit dem Aktienpaket von Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid passieren soll. Schmid und seine Ehefrau halten zusammen 50 Prozent der Mobilcom-Anteile.

Bei Mobilcom hofft man darauf, dass die Franzosen die Schulden übernehmen werden. Immerhin hat France Télécom bereits mehr als sieben Milliarden Euro für das Mobilcom-Abenteuer in seiner Bilanz abgeschrieben. Bei einer Insolvenz von Mobilcom gebe es nur Verlierer, heißt es aus Unternehmenskreisen: Das Unternehmen würde liquidiert, die Banken müssten auf ihr Geld verzichten, ein Insolvenzverwalter würde France Télécom auf die Einhaltung der Finanzierungszusage für das deutsche Unternehmen verklagen, der Wert von Schmids Aktienpaket würde gegen null gehen und auch die deutsche Politik würde ihr Gesicht verlieren. Im September hatte die Bundesregierung ein Hilfspaket für Mobilcom geschnürt: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Landesbank Schleswig-Holstein sollen Mobilcom zusammen einen Kredit von 400 Millionen Euro zur Verfügung stellen. 50 Millionen Euro sind schon ausgezahlt worden. Den Rest wollen die Banken erst nach Prüfung der Bücher überweisen.

France-Télécom-Finanzvorstand Vinciguerra sieht eine Lösung, die es der insolvenzbedrohten Mobilcom erlaubt, schuldenfrei in einer rationalisierten Form weiterzuarbeiten, sagte er am Dienstag in Paris. Er betonte aber zugleich, sein Unternehmen sei nicht an den Rettungsbemühungen beteiligt. Mobilcom führe die Gespräche mit den Gläubigerbanken allein. Es müsse zunächst eine „deutsche Lösung“ geben, um die drohende Insolvenz abzuwenden. Er deutete an, dass France Télécom erst dann bereit sei, den Verpflichtungen gegenüber Mobilcom nachzukommen.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD) sieht die Verhandlungen zur Schuldenentlastung des Telekommunikationsanbieters „auf einem guten Weg“. Sein Land werde im Rahmen der vereinbarten Kontingente an einer weiteren Liquiditätshilfe mitwirken, „die auf der Grundlage eines tragfähigen Konzeptes eine Brücke für Mobilcom hin zu einem zukunftsfähigen Unternehmen baut“, sagte Rohwer. Der Minister sieht die Öffentliche Hand in der Pflicht, Mobilcom bei einem Ausweg aus den UMTS- Schulden zur Seite zu stehen. Mit Blick auf die UMTS-Lizenzeinnahmen von über 8,4 Milliarden Euro sei der Bund zu Recht in die Verantwortung gegangen, sagte er.

Die hoch verschuldete France Télécom hat in den ersten neun Monaten ihren Umsatz um fast neun Prozent auf 34,4 Milliarden Euro gesteigert. Das Unternehmen teilte am Dienstag in Paris mit, es peile im Gesamtjahr ein Umsatzplus zwischen acht und neun Prozent an. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sollen dabei um mehr als 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert steigen. Zum aktuellen Schuldenstand machte Finanzvorstand Vinciguerra keine Angaben. Zuletzt hatten die Verbindlichkeiten von France Télécom bei 70 Milliarden Euro gelegen.

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