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Rüdiger Andreas Günther, seit 2016 Vorstandsvorsitzender, hat das Vertrauen der FP-Aktionäre verloren.

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Francotyp-Postalia: Der Vorstandschef verliert den Machtkampf

Die Hauptversammlung entzieht Rüdiger Andreas Günther das Vertrauen. Der Nachfolger steht schon fest.

Ein emotionaler Rechenschaftsbericht, gespickt mit ordentlichen Zahlen und am Ende ein Appell an die Aktionäre konnten Rüdiger Andreas Günther nicht retten. Der Vorstandsvorsitzende der Berliner Francotyp-Postalia AG (FP) wurde am Dienstag auf der Hauptversammlung als einziger der vier Vorstände nicht entlastet. Und dann wurde Günther auf Antrag des Großaktionärs Obotritia Capital auch noch das Misstrauen ausgesprochen: 84 Prozent des anwesenden Kapitals stimmten gegen den seit 2016 amtierenden Günther.

Damit hat Obotritia-Eigentümer Rolf Elgeti sein Ziel so gut wie erreicht: Günthers Tage an der Spitze von FP sind gezählt, als Nachfolger steht der Elgeti-Mann Carsten Lind bereit. Schon im Februar hatte der Aufsichtsrat Lind zum 1. Juni in den Vorstand und als designierten Vorstandschef berufen.

Der Großaktionär setzt sich durch

Das zerrüttete Verhältnis zwischen Elgeti und Günther prägte die virtuelle Hauptversammlung. Mehrer Aktionäre erkundigten sich nach den Umständen und den Kosten. Von den 1,45 Millionen Euro, die der vierköpfige Vorstand des mittelständischen Unternehmens in diesem Jahr kostet, entfallen allein 400 000 auf Lind, obgleich der nur sechs Monate im Amt ist. Lind erläuterte die Vorwürfe gegen Günther: Das Potenzial neuer digitaler Geschäftsfelder werde nicht ausgeschöpft, der Börsenkurs sei zu niedrig und im Bereich Internet of Things setze man zu stark auf Hardware. Ferner seien die Firmenstruktur und die Prozesse nicht zeitgemäß. Das von Günther initiierte Restrukturierungsprogramm werde nur halbherzig umgesetzt. Immerhin äußerte Lind „Respekt vor der Arbeit des aktuellen Vorstands“.

Günthers Vertrag läuft bis 2023

Der Vertrag des Vorstandsvorsitzenden Günther war erst im Mai letzten Jahres bis 2023 verlängert worden. Doch im Januar dieses Jahres teilte Obotritia/Elgeti dem Aufsichtsrat mit, kein Vertrauen mehr in Günther zu haben. Kurz darauf wurde Lind vom Aufsichtsrat bestellt und Günther ein Abfindungsangebot über 1,015 Millionen Euro gemacht, das der jedoch ablehnte.

"FP braucht Kontinuität"

In seinem vermutlich letzten Rechenschaftsbericht betonte Günther die gestiegene Profitabilität, das bessere Abschneiden von FP im Vergleich zu den Wettbewerbern im „Rekordjahr 2019“ sowie zahlreichen „ Awards und Gütesiegel“. Er warnte die Aktionäre davor – rund 57 Prozent des Kapitals waren vertreten – mitten in der Pandemie den Vorstandsvorsitzenden austauschen. „Die FP braucht gerade jetzt Kontinuität“, sagte Günther und rief die Aktionäre auf, den „willkürlichen und unsubstantiierten Antrag“ von Obotritia gegen ihn abzulehnen.

Der Aktienkurs soll steigen

Auf entsprechende Fragen von Anteilseignern sagte der Aufsichtratsvorsitzende Klaus Röhrig, von Carsten Lind als Vorstandsvorsitzendem erwarte man die Erreichung der Ziele, eine höhere Effizienz in der Verwaltung, unter anderem durch eine neues IT-System, sowie nicht zuletzt einen steigenden Aktienkurs. Am Dienstagnachmittag legte der Kurs um 2,4 Prozent auf 3,36 Euro zu.

Software statt Hardware

„FP braucht mehr Software und Softwarebasierte Dienstleistungen für die Kunden“, sagte Lind, der nach eigenen Angaben seit Anfang der 1990er Jahre im IT-Bereich tätig ist. Auf die Frage eines Aktionärs, was er seit Juni im Vorstand gemacht habe, antwortete Lind, er habe seine Erfahrungen „zum Wohle der Gesellschaft eingebracht“. Als Vorstandsvorsitzender wolle er „neue Saat auf fruchtbaren Boden bringen“.

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