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Wirtschaft: Frankreich schottet sich ab

Fusion von Gaz de France und Suez ist beschlossene Sache / Übernahmekandidaten auch in Deutschland

Berlin - Die geplante Megafusion auf dem französischen Energiemarkt ist so gut wie perfekt: Am Montag billigten die Vorstände von Gaz de France (GdF) und Suez den von der Regierung in Paris angestrebten Zusammenschluss. Das neue Unternehmen wird einen Marktwert von 72 Milliarden Euro haben. Die Europäische Kommission hat offenbar keine Einwände gegen die Fusion. Es gebe keine Hinweise, dass Frankreich gegen die Regeln des freien Wettbewerbs verstoße, sagte ein Sprecher. Eine mögliche feindliche Übernahme von Suez durch die italienische Enel ist damit offenbar vom Tisch.

Erst vor kurzem hatte der größte deutsche Energiekonzern Eon ein Kaufangebot für den spanischen Versorger Endesa abgegeben. Eon bietet 29 Milliarden Euro. Der spanische Gaskonzern Gas Natural will aber dagegen halten – Finanzkreisen zufolge wird der Vorstand am heutigen Dienstag über eine Erhöhung seiner Offerte beraten, um bei Endesa doch noch zum Zuge zu kommen und Eon zu überbieten. Finanzexperten spekulieren, dass die Konzernführung eine Erhöhung auf 28 Euro je Aktie beschließen wird.

Ein Ende der Fusionswelle auf dem Energiemarkt ist nicht abzusehen. Experten erwarten, dass auch deutsche Konzerne ins Visier ausländischer Konkurrenten geraten könnten. „Die Konzentrationswelle wird sich eher noch verstärken“, sagte die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, dem Tagesspiegel. „Davon wird Deutschland nicht verschont bleiben.“ Als Übernahmekandidaten nannte sie den viertgrößten deutschen Energieversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW) sowie die Nummer fünf des heimischen Markts, EWE, die auch in Brandenburg aktiv ist. RWE, die Nummer zwei, sieht Kemfert wegen seiner Finanzstärke nicht gefährdet. Die Nummer drei, Vattenfall Europe, gehört ohnehin schon einem ausländischen Unternehmen, der schwedischen Vattenfall AB.

„Vor allem die französische Electricité de France (EdF) könnte verstärkt auf den deutschen Markt drängen“, sagte Kemfert. An EnBW ist EdF bereits mit rund 40 Prozent beteiligt. Ein weiterer ausländischer Konzern, der sich Kemfert zufolge für deutsche Energieunternehmen interessieren könnte, ist der russische Gasmonopolist Gasprom. „Die werden sich in Europa auf jeden Fall stärker aufstellen“, sagte die Expertin. „Im Vergleich dazu ist sogar Eon ein Übernahmekandidat.“

In Frankreich versprechen sich GdF und Suez Synergieeffekte von jährlich 500 Millionen Euro. Von den insgesamt 200 000 Arbeitsplätzen sollen aber keine wegfallen. GdF besitzt auch Anteile an der Berliner Gasag. Der Staat, der rund 80 Prozent an GdF hält, wird an dem neuen Konzern weiter mit 35 Prozent beteiligt sein und so die Sperrminorität halten. Die beiden Unternehmen sollen im zweiten Halbjahr verschmelzen, wobei die Aktien im Verhältnis eins zu eins getauscht werden. Für die Suez-Aktionäre gibt es zusätzlich eine Sonderdividende. GdF-Aktien gaben am Montag um 1,12 Prozent nach, Suez-Papiere verloren sechs Prozent.

Mit der Fusion zu einem der weltgrößten Energiekonzerne will Paris verhindern, dass Suez von der italienischen Enel übernommen und zerschlagen wird. Italiens Industrieminister sprach daraufhin von einer „neo-protektionistischen Position“ Frankreichs. Kritik kam auch aus Belgien, das mangelnden Wettbewerb befürchtet. Die EU-Kommission erklärte, die Schaffung eines „nationalen Champions“ widerspreche dem Ziel „europäischer Champions“. Weiter hieß es nur, man werde die Situation beobachten.

Derweil reißt die Kette der MilliardenFusionen nicht ab: Der britische Strom- und Gasnetzbetreiber National Grid Transco gab am Montag bekannt, den US-Energiekonzern Keyspan für 6,2 Milliarden Euro zu übernehmen. mit HB

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