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Wirtschaft: Frauen-Börsen-Club: Im Investmentclub entdecken Frauen ihr spekulatives Talent

"Taxi fahren reicht nicht zum Leben", stellte die Berliner Taxifahrerin Margrit Meynen vor vier Jahren fest. Trotz Sechs-Tage-Woche, trotz zwölf Stunden auf dem "Bock".

"Taxi fahren reicht nicht zum Leben", stellte die Berliner Taxifahrerin Margrit Meynen vor vier Jahren fest. Trotz Sechs-Tage-Woche, trotz zwölf Stunden auf dem "Bock". Damals ging die Telekom an die Börse und Manfred Krug warb für die T-Aktie. "Jeder, sagte der, kann an die Börse gehen. Das habe ich dann gemacht." Wie "Klein Fritzchen" sei sie zur Bank gegangen und habe ihre ersten Aktien gezeichnet - ohne jedes Vorwissen.

Seitdem hat die 50jährige die Leidenschaft für das Spekulieren an der Börse gepackt. Eine Leidenschaft aus Not, wie sie betont: "Mein letzter reicher Onkel ist gestorben. So ist die Börse meine letzte Chance als Rentnerin nicht auf den fahrbaren Mittagstisch zu hoffen." Das nötige Know-how rund um die Börse hat sie sich durch das Lesen von einschlägiger Literatur und Magazinen erarbeitet.

Das sprach sich in ihrem Freundeskreis herum: "Nimm mein Geld und mach mal, sagten die." Aber die Taxifahrerin aus Neukölln konnte wegen behördlichen Bestimmungen nicht auf ihren Namen das Geld der anderen arbeiten lassen. In einer ihrer Zeitungen erfuhr Meynen von der Möglichkeit der Gründung eines "Investmentclubs": Im Juli 1998 gründete sie mit drei Freundinnen den Frauen-Börsen-Club "Habenix und Wirdwas". Mittlerweile sind sie zu siebt. "Aber wir wollen uns nicht uneingeschränkt vergrößern", erklärt Meynen, "denn bei unseren monatlichen Treffen geht es nur eine halbe Stunde um Börse und Aktie. Danach wollen wir Spaß haben." Neulich habe sich der Club daher auch in geheimer Abstimmung gegen eine Bewerberin entscheiden.

Investmentclubs sind in Deutschland vor allem in den letzten zwei Jahren populär geworden. Die Idee basiert darauf, dass die Hemmschwelle bei wirtschaftlichen Fragen in einem kleinen Kreis (bis maximal 30 Personen) abgebaut wird und durch das "Zusammenlegen" des Geldes mehr Aktien gezeichnet werden können. Etwa 5000 Börsenclubs gibt es hier zu Lande, wovon nach Schätzung von Renate Feller von der Schutzvereinigung für Kleinaktionäre etwa 300 Frauenclubs sind: "Die Tendenz ist allerdings steigend, schließlich sind ein Drittel aller Anleger Frauen." Frauen in den Frauenclubs wie "Habenix und Wirdwas", den "Dividendendivas" oder "Dagoberts Töchter" bevorzugten, sagt Feller, dass es sich ohne Männer anders über Börse diskutieren lasse, trauten sich auch einfache Dinge zu erfragen und Vorschläge für Neuemission leichter vorzubringen. Im Anlageverhalten unterscheiden sich die Frauenclubs hingegen nicht von Männer- oder gemischten Investmentclubs.

Bei "Habenix und Wirdwas" ist es dennoch Meynen allein, die maßgeblich den Börsengang beobachtet und beschließt, welche Aktien gezeichnet werden. Dabei richtet sie sich strikt nach der Philosophie des Clubs: "Wir kaufen keine Aktien von Philipp Morris und auch nicht von Kriegszulieferanten." Bei 20 000 Aktienunternehmen gebe es auch andere, die erfolgreich seien. Fast alle Aktien, in die der Club investiert hat, sind am Neuen Markt gezeichnet. "Von zwei Prinzipien lasse ich mich bei der Auswahl leiten: internationale Bandbreite und Branchenbandbreite. Dazu ein zwei sichere, die zwar keinen großen Gewinn, aber auch kein großes Risiko bergen."

Dies verhilft der Hobbyexpertin zu einigem Erfolg: Das Einsatzkapital von 3000 Mark pro Mitglied hat sich in den letzten anderthalb Jahren verdoppelt. Aber auch Verluste musste die Self-Made-Börsen-Frau schon in Kauf nehmen: "Bei SAP habe ich mich verschätzt, da hatten wir 20 Prozent Verlust". Was macht Intersop, das Hauptzugpferd von "Habenix und Wirdwas"? Um vier Euro gefallen. "Das ist nicht so gut. Aber so ist halt das Börsengeschäft: Auf und Ab. Auf das Timing kommt es an."

Sonja Contzen

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