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Wirtschaft: Frauen fordern Einheitstarif bei Riester-Rente

Sozialministerin Schmidt hatte gleiche Belastungen für Mann und Frau versprochen – davon ist jetzt keine Rede mehr

Berlin. Irmingard Schewe-Gerigk ist sauer. Die frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen fühlt sich von ihren Geschlechtsgenossinnen im Stich gelassen. „Renate und Ulla Schmidt haben mir versprochen, dass bei der nächsten Riester-Reform endlich gleiche Tarife für Männer und Frauen vorgeschrieben werden“, sagt sie. Doch trotz der politischen Zusagen der sozialdemokratischen Familienministerin Renate Schmidt und SPD-Sozialministerin Ulla Schmidt tauchen auch bei der aktuellen Reform der privaten Altersvorsorge die Unisex-Tarife im Regierungsentwurf nicht auf. Das heißt: Auch künftig werden die Frauen rund 15 Prozent höhere Beiträge für ihre Riester-Verträge zahlen müssen, um dieselbe Rente zu bekommen wie Männer.

Grünen-Politikerin Schewe-Gerigk will das nicht hinnehmen: „Ich bin wild entschlossen zu kämpfen.“ Dabei kann sie auf fraktionsübergreifende Unterstützung hoffen. Die frauenpolitische Sprecherin der CDU-/CSU-Fraktion, Maria Böhmer, macht sich ebenso für die Tarifgleichheit stark wie ihre Kollegin in der SPD-Fraktion, Christel Humme. „Über die Unisex-Tarife ist noch nicht das letzte Wort gesprochen“, sagt Humme: „Im Rahmen der parlamentarischen Beratung kommt das Thema wieder auf den Tisch“.

Und das ist schon bald. Bereits am kommenden Freitag wird sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Alterseinkünfte-Gesetz, in dem auch die Riester-Rente (siehe Lexikon auf dieser Seite) geregelt ist, beschäftigen. Im nächsten Jahr beginnen die Anhörungen zur Reform der Privatrente, spätestens bis Ende 2004 muss das Gesetz unter Dach und Fach sein. Doch ob dann die Tarifgleichheit für Männer und Frauen im Gesetz verankert sein wird, ist fraglich. Denn Sozialministerin Ulla Schmidt gilt durchaus als Befürworterin der Unisex-Tarife und hatte zunächst versucht, diese in den aktuellen Entwurf aufzunehmen. Aber nachdem Banken, Versicherungen und Verbraucherschützer gleichermaßen gegen die Prämiengleichheit opponiert hatten, musste Schmidt kapitulieren.

Versicherungsmathematisch gesehen ist die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen nämlich durchaus gerechtfertigt. „Frauen leben im Schnitt vier bis fünf Jahre länger als Männer“, sagt Eckhard Marten, Sprecher von Deutschlands größter Lebensversicherung, der Allianz Leben.

Selbst wenn die Unisex-Tarife kämen, würden die Frauen kaum profitieren, glauben Versicherungsmathematiker. Die Entlastung der Frauen sei marginal, die Belastung der Männer dagegen spürbar. Diese müssten dann Prämien zahlen, die denen der heutigen Frauen-Tarife nahe kommen. Konsequenz: „Die Männer schließen keine Riester-Renten mehr ab, sondern wechseln zu Fondssparplänen“, gibt der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Klaus Vater, zu bedenken. Denn bei Fonds- und Banksparplänen, die ebenfalls staatlich gefördert werden, zahlen Männer und Frauen in der Ansparphase dieselben Beiträge.

Doch die Fondsgesellschaften fürchten, dass die Riester-Produkte durch die Unisex-Tarife noch weiter an Attraktivität verlieren würden. „Die Zertifizierungskriterien sollen eingedampft und nicht noch ausgeweitet werden“, heißt es beim Bundesverband Investment und Asset Management (BVI).

Das sehen die Frauenpolitikerinnen anders: Sowohl Humme als auch Schewe-Gerigk wollen die Prämiengleichheit für Männer und Frauen künftig als Zulassungskriterium für Riester-Produkte ins Gesetz schreiben. „Wenn der Staat die private Vorsorge fördert, darf er auch Unisex-Tarife vorschreiben“, meint die Grünen-Politikerin. Das ergebe sich aus der im Grundgesetz verankerten Gleichbehandlung von Mann und Frau.

Im Sozialministerium hofft man jetzt auf Brüssel. Dort arbeitet EU-Kommissarin Anna Diamantopoulou an einer EU-Richtlinie, die Unisex-Tarife in allen Versicherungssparten zur Pflicht machen soll. „Wir warten ab, was Brüssel in den nächsten zwei Jahren vorlegen wird“, sagt Schmidts Sprecher Vater. Den Frauen reicht das nicht: „Bis die Richtlinie umgesetzt ist, vergehen fünf, sechs, sieben Jahre“, meint die SPD-Politikerin Humme. Und folgert: „Darauf können wir nicht warten.“

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