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Frauenförderung: Finnische Frauen brauchen keine Quote

In Finnland hat sich die Anzahl der Frauen in Entscheidungsgremien innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich erhöht. Von ganz allein ist das nicht passiert.

In Finnland ist es Tradition, dass Frauen Vollzeit arbeiten. Trotzdem haben sie es lange nicht in Spitzenpositionen geschafft. Daran änderten auch gute Kinderbetreuung und hohe Bildungsstandards nichts. Doch in den letzten zehn Jahren hat sich etwas verändert. Bei der Anzahl der Frauen in Entscheidungsgremien wie Aufsichtsräten oder Vorständen nimmt Finnland in der EU inzwischen Platz zwei bei den börsennotierten Unternehmen ein. „Die Einstellungen der Menschen haben sich verändert und Frauen wurden im Berufsleben sichtbarer“, erklärt Leena Linnainmaa, Direktorin der nationalen finnischen Handelskammer.

Von ganz allein ist das nicht passiert. Das Mittel: Ein Corporate Governance Kodex. Dieses Regelwerk schreibt vor, wie die Kontrolle über Unternehmen funktionieren soll. In dem Kodex werden Unternehmen aufgefordert, darauf zu achten, dass sowohl Frauen als auch Männer in den Entscheidungsgremien sitzen. Wer sich nicht daran hält, soll öffentlich erklären warum. „Die Erfahrung zeigt, dass finnische Firmen diese negative Öffentlichkeit nicht wollen“, sagt Linnainmaa. 2008 wurde der Kodex beschlossen, seit 2010 gilt er. Innerhalb dieser zwei Jahre ist der Anteil der börsennotierten Unternehmen mit Frauen im Aufsichtsrat oder Vorstand stark gestiegen – von 51 Prozent auf circa 70 Prozent. Eine Quote empfiehlt der Kodex nicht. 2009 machten Frauen in den Entscheidungsgremien trotzdem 24 Prozent aus, Linnainmaa hofft bald 30 Prozent zu erreichen. Dass der Kodex erfolgreich ist, dafür waren nach Linnainmaa die Politik und die Medien entscheidend.

Auf der einen Seite war die Regierung ein Vorbild. Seit 2006 liegt der Frauenanteil in staatlichen Betrieben bei 40 Prozent. „In Finnland werden diese staatlichen Firmen öffentlich wahrgenommen, das hat Wirkung auf andere großen Firmen gezeigt“, sagt die Direktorin. Auf der anderen Seite drohte die Regierung, falls sich nichts ändern würde, eine gesetzlich verpflichtende Quote einzuführen. „Mit dieser Drohung im Nacken einigte man sich schnell auf einen starken Kodex.“ Auch die Medien hätten das Thema übernommen, teilweise wurden Negativbeispiele genannt und an den Pranger gestellt. Den Prozess hätten nicht nur Frauen angestoßen, sondern auch Männer, sagt Linnainmaa.

Allerdings ist auch in Finnland nicht alles rosig. Bei öffentlichen Stellen, in der Politik und in den Entscheidungsgremien von Unternehmen sind Frauen zu finden, aber weibliche Vorstandsvorsitzende gibt es bislang kaum. Hier habe die Privatwirtschaft noch einiges nachzuholen. Linnainmaa ist sich sicher, dass es dafür weiterhin den Einfluss der Politik braucht. „Auch in der Zukunft muss die Regierung ein starkes Interesse an Frauen in Spitzenpositionen zeigen, so dass der Kodex seinen Erfolg fortsetzt und auch in anderen Bereichen der Frauenanteil steigt.“ Svenja Markert

Svenja Markert

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