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Wirtschaft: „Fünf-Euro-Tickets von Ryanair sind irreführend“ Easyjet-Chef Webster über seine Billigfliegerpläne in Deutschland

Herr Webster, die Billigflieger haben den deutschen Markt entdeckt. Wird es nicht langsam ein wenig eng?

Herr Webster, die Billigflieger haben den deutschen Markt entdeckt. Wird es nicht langsam ein wenig eng?

Nein. Deutschland ist ein riesiger Markt mit enormem Potenzial. Im Gegensatz zu Frankreich oder Großbritannien, wo es mit London oder Paris zentrale Knotenpunkte gibt, ist Deutschland dezentral. Hier gibt es viele wichtige Städte und deshalb viele Leute, die auf diesen innerdeutschen Strecken reisen. Dieses Potenzial wollen wir ausschöpfen.

Warum wollen sie ausgerechnet die Deutsche BA übernehmen? Die schreibt doch seit Jahren rote Zahlen.

Um in den Markt einzutreten, ist ein Netzwerk mit inländischen Routen für uns ideal. Man kann das zwar wie Buzz oder Ryanair von außen versuchen. Aber wir wollen mehr. Wir wollen die Easyjet-Marke als „Haushaltsmarke" etablieren, so wie Coca Cola oder Lufthansa. Um das zu erreichen, müssen wir auch innerdeutsche Strecken fliegen.

Und die roten Zahlen?

Wenn die DBA profitabel wäre, wäre die Firma uninteressant für uns. Der DBA-Staff weiß, dass ihr Geschäftsmodell nicht erfolgreich ist und dass sie deswegen zwei Optionen haben: Das Unternehmen geht pleite – oder die Mitarbeiter lassen sich auf ein neues Konzept wie das unsere ein. Wenn der Erfolg schon da wäre, würden sich alle fragen: Warum sollen wir etwas ändern?

Wieso ein neues Konzept? Die DBA wurde doch erst im Mai zum Billigflieger umgebaut.

Nein, denn dann wäre sie profitabel. Die DBA hat zwar ihre Preise gesenkt – aber nicht ihre Kosten. Es ist ziemlich einfach, weniger Geld von den Leuten für die Tickets zu verlangen. Das Schwierige ist, die Kosten dann auch so weit zu senken, dass man trotzdem noch Geld verdient.

Was wollen Sie denn ändern?

Das Wichtigste ist für uns jetzt, die DBA-Mitarbeiter von unserem Geschäftsmodell zu überzeugen – denn sie müssen sich auf mehr Arbeit und weniger Luxus einstellen.

Werden Sie auch Personal entlassen?

Die DBA beschäftigt für den Betrieb von 16 Flugzeugen so viele Mitarbeiter wie wir für 30 Flugzeuge. Sekretärinnen gibt es bei uns nicht. Da wir ein großes, schnell wachsendes Unternehmen sind, können wir aber allen Mitarbeitern eine Perspektive geben.

Was bedeutet das für die Passagiere?

Niedrigere Preise. Unsere Preise werden die Hälfte von den Lufthansa-Durchschnittspreisen betragen und viel niedriger sein als die DBA-Preise jetzt. Das Wichtigste ist der Durchschnittspreis. Wenn Ryanair mit Tickets von fünf Euro wirbt, dann ist das irreführend. Denn für den Preis gibt es nur einige wenige Plätze.

Wollen Sie die DBA umbenennen?

Das Unternehmen wird wahrscheinlich Easyjet Deutschland heißen. Es wird ein deutsches Unternehmen bleiben, mit deutschsprachigem Personal. Das ist sehr gut für die Identität einer Airline. Aber das alles bleibt unter der Schirmherrschaft von Easyjet: das Geschäftsmodell, die zentrale Steuerung und die Systeme kommen aus England.

Haben Sie sich schon entschieden, die Deutsche BA zu kaufen?

Wir hätten die Kaufoption nicht unterzeichnet, wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass wir das auch schaffen. Im Moment sieht alles sehr positiv aus. Wenn wir uns sicher sind, dass wir die Unterstützung des Personals haben, könnten wir uns auch schon vor Ablauf der Frist im Juni 2003 entscheiden.

Ist die Umstrukturierung in Deutschland wegen der Gewerkschaften schwierig?

Wir haben gar nichts gegen die Gewerkschaften. Unsere Piloten sind in Großbritannien die am besten bezahlten in der Branche. Denn ohne gute und zufriedene Mitarbeiter funktioniert das Billigflieger-Modell auch nicht. Und die Mitarbeiter haben realisiert, dass es im Moment nur wenige profitable Fluggesellschaften gibt. Die Billigflieger gehören dazu. British Airways dagegen entlässt ständig Leute.

Wo sehen sie künftig die Rolle von Lufthansa?

Dort, wo auch die Rolle von British Airways und Air France ist, nämlich bei den Langstrecken, dort sind sie am effizientesten, dort machen sie ihre meisten Gewinne, und das wird auch in Zukunft so sein. Bei den Kurzstrecken haben sie die Schlacht schon verloren, die Billigflieger haben sie gewonnen.

Das Gespräch führte Flora Wissdorf.

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