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Wirtschaft: Für die Aventis-Aufseher ist Novartis Favorit

Aufsichtsrat des Pharmakonzerns beschließt heute über die Aufnahme von Fusionsgesprächen mit den Schweizern

Frankfurt (Main) (shf/HB). Zwei Monate nach Beginn des Übernahmekampfes um Aventis fällt heute voraussichtlich eine erste wichtige Vorentscheidung: Die meisten Experten im Umfeld des Pharmakonzerns gehen davon aus, dass sich der AventisAufsichtsrat ungeachtet der politischen Widerstände aus Frankreich für die Aufnahme offizieller Fusionsverhandlungen mit dem Schweizer Konzern Novartis aussprechen wird.

Damit würden zumindest von Seiten des Straßburger Konzerns die Voraussetzungen für eine Alternative zu der feindlichen Offerte des Konkurrenten Sanofi-Synthélabo geschaffen. Novartis-Chef Daniel Vasella hat in den vergangenen Wochen Interesse an einer freundlichen Übernahme von Aventis signalisiert, diese aber an strikte Bedingungen geknüpft: eine neutrale Haltung der französischen Regierung und eine offizielle Einladung von Aventis. Eine Entscheidung im Aventis-Aufsichtsrat werde letztlich von dem Preis abhängen, den Novartis biete, heißt es in Unternehmenskreisen.

Vertreter der Arbeitnehmerseite im Aventis-Aufsichtsgremium machen ihr Votum vor allem davon abhängig, welche Perspektiven eine Fusion mit Novartis für Arbeitsplätze und Forschungsstandorte bieten wird. Für eine Entscheidung zugunsten von Novartis sprechen unter anderem Äußerungen des Aventis-Großaktionärs Kuwait Petroleum (KPC) und des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Jean-René Fourtou.

Rückendeckung der Großaktionäre

KPC-Chef Scheich Ahmad Fahd al-Ahmad al-Sabah signalisierte in einem Interview Bereitschaft, eine Novartis-Offerte zu prüfen. Fourtou hat die Schweizer als den geeigneteren Fusionspartner für Aventis bezeichnet.

Analysten sehen eine mögliche Novartis-Offerte in einer Spanne zwischen 65 und 70 Euro je Aventis-Aktie. Sie hegen erhebliche Sympathie für einen derartigen Zusammenschluss, weil dieser hohe Synergien verspricht und relativ komplementäre Aktivitäten zusammenführt – er würde dadurch Vorteile gegenüber einer Übernahme durch Sanofi bieten. Vor allem in den Bereichen Krebs, Herz-Kreislauf und Diabetes würden sich Produkte und Forschungsprojekte relativ gut ergänzen. Beide Firmen verfügen über einen starken Vertrieb in den USA und Japan. Auch die Pläne von Novartis, nach einer Fusion ein Unternehmen mit den Altprodukten beider Partner abzuspalten, decken sich mit entsprechenden Ideen von Aventis und könnten im Arbeitnehmerlager die Furcht vor einem massiven Stellenabbau mindern.

Die Experten von Lehman Brothers etwa gehen davon aus, dass die Fusion selbst bei einem Preis von 69 Euro für Aventis noch einen zweistelligen Gewinnzuwachs bei Novartis generieren könnte. Eine Offerte in dieser Höhe würde den gestrigen Aktienkurs von Aventis (62,60 Euro) um rund zehn Prozent übertreffen und das Sanofi-Angebot um gut ein Fünftel. Zudem könnte Novartis dank seiner großen Finanzkraft einen größeren Cash-Anteil bieten als der französische Konkurrent. Sanofi will bislang 0,83 eigene Aktien plus 11,50 Euro in bar je Aventis Aktie zahlen.

Offen bleibt unterdessen, ob die zweite Bedingung von Novartis erfüllt ist. Die französische Regierung hätte zwar juristisch wenig Handhabe gegen eine Übernahme von Aventis durch Novartis, doch signalisierte Premierminister Raffarin zuletzt klare Ablehnung gegenüber den Schweizern. Französischen Medien zufolge hat sich an dieser Haltung auch nichts geändert, nachdem Aventis-Chef Landau die Idee einer Novartis-Aventis-Kombination am vergangenen Wochenende mit dem Regierungschef erörterte. Von dem Unternehmen selbst ist zum Ergebnis dieser Gespräche bisher keine Stellungnahme zu erhalten.

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