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Wirtschaft: Für die Strom-Newcomer bleiben nur Nischen

Schleppende Geschäfte für Direktanbieter wie Yello und Ares

Düsseldorf (juf/HB). Die Zahl ist ernüchternd: Vier Jahre nach Marktöffnung haben weniger als vier Prozent der Privathaushalte ihren Stromanbieter gewechselt. Für die neuen Direktanbieter wie Yello, Riva Energie oder Ares läuft das Geschäft schleppend. Jüngstes Opfer: Die Deutsche Strom AG stellte im Mai einen Insolvenzantrag. „Der Direktvertrieb an Haushaltskunden hat sich nicht durchgesetzt“, sagt Karlheinz Bozem, Energieexperte der Beratungsgesellschaft Booz, Allen & Hamilton, „die Newcomer müssen sich Nischen suchen".

Bei Gewerbekunden liegt die Wechselrate immerhin dreimal höher als bei Privathaushalten: Die Watt Deutschland GmbH, eine Tochter des Schweizer Watt-Konzerns, hat diese Nische gleich beim Markteintritt 1998 besetzt und sich auf den Mittelstand spezialisiert. „Bei Privatkunden hätten wir ganz andere Anfangsinvestitionen tätigen müssen“, erläutert Geschäftsführer Michael Baumgärtner. In seiner Nische kann Watt die Verwaltungskosten dagegen niedrig halten. Die Kunden gewinnt das Unternehmen über Direktvertrieb oder über Partnerschaften, zum Beispiel mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).

Um Unternehmer zum Wechsel zu bewegen, müssen die Newcomer Service und Beratung bieten. Analysen des Stromverbrauchs und Bedarfsprognosen gehören zum Pflichtprogramm. Einer von Watts Kunden ist die Kaffeekette Tchibo. Früher musste das Unternehmen für jede der rund 900 Filialen den Strom vor Ort getrennt abrechnen. Watt bietet das gesamte Strommanagement nun samt Sammelrechnung an.

Die Austrian Power Trading Deutschland GmbH (APT), eine Tochter der österreichischen Verbund-Gruppe, hat sich auch ihre Nische gesucht: ökologischer Strom aus Wasserkraft. Ihre Kunden: Derzeit 30 Gemeinde-, Stadt- und Überlandwerke sowie Firmen. „Unsere Kunden legen Wert auf ökologischen Strom und umfangreichen Service“, sagt Geschäftsführer Rainer Wellenberg. Stadtwerke setzten den Umweltschutz für ihr Marketing ein, Unternehmen verbesserten ihre Ökobilanz.

Service hin, Umweltbewusstsein her – wenn der Preis nicht stimmt, wechselt kein Kunde. In der ersten Phase der Liberalisierung tobte ein Preiskampf. Die Konzerne versuchten die Neulinge aus dem Markt zu halten. „Viele Interessenten haben sich nur unser Angebot eingeholt, um es ihrem alten Versorger vorzulegen und den Preis zu drücken“, so Watt-Chef Baumgärtner.

Inzwischen hat sich die Situation aber entspannt. Seit 2001 hat der Preiskampf nachgelassen, der Strompreis zieht wieder an. Im Bewusstsein, dass die Wechselbereitschaft gering ist und der Wettbewerb auf die Bilanzen drückt, setzen Großkonzerne wie Eon, RWE und EnBW auf eine neue Strategie: Sie kaufen sich in Stadtwerke ein und damit Kunden zu.

Doch im Kampf um private Haushalte müssen hohe Summen in die Marke investiert werden. So hat der bekannteste Newcomer, Yello, zwar mehr als 700000 Kunden erreicht. Allerdings schreibt das Unternehmen Verluste. Ob für Strom aber ein Markenbewusstsein geschaffen werden kann, wird bezweifelt. „Mit Strom kann man nicht angeben, wie mit einem neuen Handy“, meint APT-Chef Wellenberg.

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