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Wirtschaft: Für Geschenke ist leider kein Geld da

Wahlversprechen scheitern an Staatsschulden Mehrwertsteuer wird zum Reform-Joker

Von Antje Sirleschtov

Weniger Steuern zahlen nach den geplanten Neuwahlen – diese Hoffnung von Bürgern und Unternehmern zerrinnt zunehmend. Während SPD und Grüne bereits angekündigt haben, dass die Steuersenkungen der vergangenen Jahre nicht weitergehen können, beginnt nun auch bei der CDU/CSU die Erkenntnis zu reifen, dass es schnelle Entlastungen nicht geben kann. Schuld ist die Haushaltslage.

Angesichts schwachen Wirtschaftswachstums, kaum sinkender Arbeitslosigkeit und steigender Rentenausgaben wird das strukturelle Defizit des Bundeshaushalts zwischen Einnahmen und Ausgaben in den kommenden Jahren nicht unter 50 Milliarden Euro sinken. Davon gehen die Haushaltsexperten der Union in einer aktuellen Vorlage für den Fraktionsvorstand aus.

Fazit: Falls die Union im Herbst die Regierungsmacht in Berlin übernimmt, wird sie bis 2009 Ausgaben von 20 bis 25 Milliarden Euro streichen müssen, um einen verfassungs- und EU-konformen Etat vorlegen zu können. Allein für 2006 bedeutet das: Die Ausgaben müssen um rund sechs bis sieben Milliarden Euro gekürzt werden – ohne, dass damit auch nur eines der geplanten Reformziele (Steuerreform, Gesundheitsreform, Rentenreform) finanziert wäre. Für jede dieser Strukturreformen, die die Union einleiten will, muss demnach zusätzliches Geld aufgetrieben werden. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sprach das Dilemma am Dienstag erstmals klar an: Die Sanierung der öffentlichen Haushalte sei ein vorrangiges Ziel, sagte er. „Ich halte das Konsolidierungsproblem für das allerernsteste.“

Bis zur Vorlage des Wahlprogramms am 11. Juli bleibt also offen, ob die Union ihr Ziel einer Steuersenkung revidieren muss und wozu sie die Einnahmen aus der als wahrscheinlich geltenden Erhöhung der Mehrwertsteuer nutzen will.

Auch bei den Grünen ist inzwischen Streit um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgebrochen. Bundes- und Landespolitiker plädierten am Dienstag für eine Anhebung und stellten sich damit gegen die Linie der Parteispitze und des Koalitionspartners SPD.

Dass höhere Steuereinnahmen für den Staat trotz niedrigerer Durchschnittssteuersätze möglich sind, zeigt die am Dienstag vorgestellte Einkommenssteuerstatistik für 2001 – neuere Zahlen gibt es nicht. Demnach erzielten die 28,8 Millionen Steuerpflichtigen Einkünfte von 965 Milliarden Euro (6,9 Prozent mehr als 1998). Von den Finanzbehörden wurde eine zu zahlende Lohn- und Einkommensteuer von rund 176,7 Milliarden Euro (plus 3,9 Prozent) festgesetzt. Der Durchschnittssteuersatz nahm im Vergleichszeitraum allerdings um 1,1 Prozentpunkte ab: von 22,7 Prozent auf 21,6 Prozent.

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