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Wirtschaft: Für Steuersünder wird es ernst

Bundesfinanzminister Eichel begrüßt Einigung über einheitliche europäische Zinsbesteuerung

Brüssel (tog). Den Finanzministern der Europäischen Union ist am Dienstag der Durchbruch zu einer europaweiten Zinsbesteuerung gelungen. Nach mehr als zehn Jahren erbitterter Auseinandersetzungen haben Luxemburg, Österreich und Belgien einem Kompromiss des griechischen Ratsvorsitzes zugestimmt, der ihnen bis auf Weiteres erlaubt, am Bankgeheimnis festzuhalten. ,,Wir haben jetzt Schluss gemacht mit der Steuerhinterziehung in Europa", sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) am Dienstagabend sichtlich erleichtert in Brüssel.

Zwölf EUStaaten haben sich dagegen verpflichtet, vom 1.1.2004 an zu einem automatischen Informationsaustausch der Steuerämter überzugehen. Die Banken in diesen Ländern sollen künftig die Zinserträge von EU-Bürgern automatisch an die Steuerbehörden des jeweiligen Wohnorts melden. ,,Das ist eine gute Nachricht für die ehrlichen Steuerzahler und eine gute Nachricht für Europa", sagte Bundesfinanzminister Eichel.

Luxemburg, Österreich und Belgien werden jedoch auf absehbare Zeit eine andere Methode der Zinsbesteuerung anwenden können, die das Bankgeheimnis wahrt. Sie werden nicht zum automatischen Informationsaustausch verpflichtet, sondern können eine in Stufen ansteigende Abgeltungssteuer erheben: Vom 1.1.2004 an werden sie eine Quellensteuer von 15 Prozent der Kapitalzinsen abziehen, die 2007 auf 20 Prozent, 2010 auf 35 Prozent ansteigen wird. 75 Prozent dieser Steuereinnahmen von ausländischen EU-Bürgern müssen sie dann an deren Heimatstaaten abführen.

Erst nach 2010 soll darüber entschieden werden, ob die drei bisher ausgenommenen Staaten von der Quellensteuer zum System des automatischen Informationsausgleichs übergehen müssen. Dies wird abhängig gemacht vom Entgegenkommen der Schweiz, mit der die EU seit langem Verhandlungen über eine gerechte Zinsbesteuerung führt. Nur wenn dann die Schweiz auf das Bankgeheimnis verzichtet und die europäischen Steuerämter auf Anfrage über die Schweizer Konten informiert, müssen auch Luxemburg, Österreich und Belgien das Bankgeheimnis aufheben und automatisch die Steuerämter informieren. Die Schweiz hat die Einigung begrüßt. Der nun gefundene Kompromiss mache eine Lösung unter Wahrung des Schweizer Bankgeheimnisses möglich, hieß es in einer Erklärung des Finanzministeriums in Bern am Dienstagabend.

In Brüssel fürchtet man allerdings, dass die Schweiz auch in Zukunft nicht bereit sein wird, von ihrer alten Tradition des Bankengeheimnisses abzuweichen. Bisher ist sie lediglich zur Zusammenarbeit bereit, wenn die Steuerämter oder Staatsanwaltschaften eindeutig kriminellen Machenschaften wie Geldwäsche oder Betrug auf der Spur ist. Der Verdacht auf Steuerhinterziehung allein gilt in der Schweiz nicht als krimineller Akt, sondern lediglich als Vergehen.

Auf absehbare Zeit dürfte damit die Quellensteuer-Ausnahmeregelung in den drei EU-Staaten Luxemburg, Österreich und Belgien, die von Bundesfinanzminister Eichel am Dienstag als ,,längere Übergangsmethode“ bezeichnet wurde, gleichzeitig neben dem automatischen Informationsaustausch von zwölf EU-Staaten bestehen. Da der Verzicht auf das Bankgeheimnis an das Zugeständnis der Schweiz gebunden ist, wird, so der österreichische Finanzminster Grasser, ,,das Koexistenzmodell ad infinitum gelten".

Die EU-Finanzminister beauftragten die EU-Kommission, auch mit weiteren Staaten Verhandlungen zu führen, die als ,,sicherer Hafen“ für Steuerflüchtlinge gelten. Monaco, San Marino, Liechtenstein und die USA sollen, so strebt die EU an, die gleiche Methode der Zinsbesteuerung von Ausländern übernehmen,wie nun für Luxemburg, Österreich und Belgien vereinbart wurde. Die Schweiz hat schon zugesagt, dass sie zwar nicht auf das Bankgeheimnis verzichten will, aber bereit ist, ausländische Kapitalerträge zum gleichen Satz an der Quelle zu besteuern wie die Zinserträge eigener Bürger - nämlich mit 35 Prozent. Dieser relativ hohe Satz wurde von den EU-Finanzministern für Luxemburg, die Österreich und Belgien übernommen, um den Anreiz für eine Verlagerung von Kapitalvermögen in diese Ländern zu verringern.

Finanzminister Eichel will in Deutschland eine Abgeltungssteuer von nur 25 Prozent einführen. ,,Wir hoffen, dass sich bei diesem deutlichen Unterschied der Quellensteuersätze die Steuerflucht nicht mehr lohnt", sagte ein hoher Beamter des Finanzministeriums am Dienstagabend in Brüssel.

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