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Wirtschaft: Fusionen: Kartellwächter müssen weitsichtig sein

Der US-Präsidentenberater ist ein weitsichtiger Mann. Das bewies er jüngst, als er sich über Fusionen in der Technologiebranche äußerte.

Der US-Präsidentenberater ist ein weitsichtiger Mann. Das bewies er jüngst, als er sich über Fusionen in der Technologiebranche äußerte. Sein Einwurf lief unfreiwillig zeitgleich mit der Nachricht vom Zusammenschluss von Compaq und Hewlett Packard über die Sender. "In dieser Konjunkturphase finanzieren sich viele Unternehmen, indem sie sich konsolidieren", sagte Larry Lindsey. "Darauf warten die Märkte."

Wenn ein Faktor die Krise der amerikanischen Technologieunternehmen unnötig verlängert und verschärft hat, dann war es die Behinderung von Fusionen, mit der sich die Hightech-Industrie konsolidieren wollte, durch die Kartellbehörden. Ein Argument für die HP-Compaq-Fusion ist natürlich, dass es damit einen Spieler weniger auf dem überfüllten IT-Markt geben wird. Auf dem Telekom-Sektor gab es zuvor ein ähnliches Gedränge. Die Fusion von Sprint und Worldcom untersagten die Wettbewerbshüter trotzdem. Folge: Die Branche stürzte ab und riss andere mit in die Tiefe. Daraus haben die US-Kartellwächter, also das Justizministerium, hoffentlich gelernt.

Eines der nachteiligsten Vermächtnisse der Clinton-Regierung ist die Vorstellung, ein paar verzerrte Marktdaten würden den Wettbewerbshütern reichen, um rücksichtslos über die Rechte der Aktionäre hinweg zu entscheiden. Auch jüngst wurden wieder irreführende Statistiken bekannt, nach denen HP und Compaq zusammen 81 Prozent des PC-Vertriebs kontrollieren würden. Solche Zahlen müssen die Behörden ignorieren. Denn Unternehmen können es sich nicht leisten, Monate durch laufende Gerichtsverfahren gelähmt zu sein - eine Klage kommt einem Fusionsstopp gleich. Möchte die Bush-Regierung diesen Missstand ändern - und das sollte sie, denn für die wirtschaftliche Erholung ist die Sanierung der IT-Branche entscheidend - muss sie mehr tun, als Chefökonom Lindsey zu folgen. Die Konfrontation mit den Europäern wird nicht zu vermeiden sein.

Präsident George W. Bush sollte sich den Fall des Joint-Ventures von Fujitsu und Siemens vor zwei Jahren genauer ansehen - er ist ein Präzedenzfall für die HP-Compaq-Fusion. Beide Unternehmen waren unrentable Versager in Europa, aber den nüchternen Zahlen zufolge waren sie die Nummer Zwei im Markt. Für den obersten EU-Wettbewerbshüter Mario Monti reichte das, die Unternehmen auf die Folter zu spannen und Siemens den Verkauf der Nixdorf-Gruppe aufzubürden. Das Ergebnis war eine Katastrophe. Erst jetzt trägt die Fusion von Siemens-Fujitsu Früchte - ohne den Einspruch Montis wäre das viel früher der Fall gewesen. Die US-WIrtschaft hat noch nicht registriert, dass die Unterschiede in der Fusionskontrolle zwischen Europa und den USA für sie zum Problem werden könnten. Auf dem Alten Kontinent spielt Industriepolitik eine große Rolle, beeinflusst von Lobby-Interessen. Beispiel: die Fusion GE-Honeywell, verhindert durch die EU-Kommission.

Die US-Wettbewerbspolitik wurde indes seit jeher von Gerichten geregelt, um Unternehmen das Recht zu geben, ihre Interessen öffentlich zu verteidigen. Dieses Ansinnen kennen die europäischen Wettbewerbshüter nicht, ebenso wenig wie die Clinton-Aufseher. Dies sollte sich schnellstens ändern. Die Erfolgsgeschichte der USA bei der Schaffung von Jobs und Erfindungen basierte lange Zeit auf der großen Freiheit für Unternehmen und ihre Eigner. Bush würde die Wirtschaft gern wieder vor den nächsten Wahlen im Jahr 2004 ankurbeln. Seine Wettbewerbshüter sollten also deutlich machen, dass sie ihm und dem Wachstum nicht in die Quere kommen wollen.

Aus Wall Street Journal. Übersetzt, gek&uu

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