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Wirtschaft: Gaskunden dürfen Anbieter frei wählen

Völlig überraschend haben sich Gaswirtschaft und Verbraucherverbände am Wochenende auf die so genannte Verbändevereinbarung II für Erdgas geeinigt. Private Gaskunden können damit ihren Lieferanten wie bisher schon die Verbraucher im Strom- und Telekommunikationsmarkt frei wählen.

Völlig überraschend haben sich Gaswirtschaft und Verbraucherverbände am Wochenende auf die so genannte Verbändevereinbarung II für Erdgas geeinigt. Private Gaskunden können damit ihren Lieferanten wie bisher schon die Verbraucher im Strom- und Telekommunikationsmarkt frei wählen. Einen Sturz der Gaspreise wie bei Telefon oder Strom ist aber nicht zu erwarten, weil der Gaspreis für Endkunden wesentlich von den Preisen für importiertes Gas abhängt. Das Bundeswirtschaftsministerium begrüßte die Einigung.

Der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) und der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) hatten sich in Mannheim nach monatelangen Verhandlungen geeinigt. Bis zuletzt stritten die Verbände vor allem um die Neuordnung der Netznutzungsgebühren, die Anbieter bezahlen müssen, wenn sie Gas durch das Netz eines Konkurrenten leiten wollen. Strittig war auch, ob und zu welchem Preis Betreiber von Gasspeichern diese Lagermöglichkeiten ihren Konkurrenten zur Nutzung überlassen müssen. Wegen der Schwankungen der Preise auf dem Gasmarkt sind Lagermöglichkeiten eine wichtige Voraussetzung für das Zustandekommen von Wettbewerb, da sie den Anbietern die Möglichkeit geben, preiswerte Vorräte zu schaffen.

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte dem Tagesspiegel, die Bundesregierung habe eine freiwillige Vereinbarung der Industrie einer Regulierungsbehörde immer vorgezogen. Es müsse jetzt geprüft werden, inwieweit die Einigung den Anforderungen einer Liberalisierung genüge. Sei dies der Fall, werde die Vereinbarung in die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes einbezogen. Das Gesetz wird derzeit im Bundestag beraten. Zuletzt waren Mitte des Monats Gespräche der großen Abnehmer sowie der Gasnetzbetreiber über eine Verbändevereinbarung gescheitert. Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hatte anschließend angekündigt, er werde der Bundesregierung die Einrichtung einer Regulierungsbehörde vorschlagen. In der Mitteilung der Verbände hieß es am Sonntag, man erwarte durch die neue Verbändevereinbarung Zwei eine weitere Intensivierung des Wettbewerbs. Im vergangenen Jahr hatten die Verbände sich bereits auf mehr Wettbewerb im Gasmarkt für Großkunden geeinigt. Für Privathaushalte und das Kleingewerbe sollte die Vereinbarung nun überarbeitet werden.

Erdgas ist in Deutschland nach Öl der Energieträger Nummer zwei. Drei von vier neuen Wohnungen werden mit Erdgas beheizt. Seit 1975 hat sich deren Gesamtzahl auf gut 16 Millionen Haushalte mehr als vervierfacht. Der Gaspreis für Endkunden hängt ab vom Preis für Importgas, der wiederum in langfristigen Verträgen geregelt und vom Ölpreis abhängig ist. Das in Deutschland verbrauchte Gas stammt zu 80 Prozent aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Die Liberalisierung der Gasmärkte ist technisch schwieriger als bei Strom und Telekommunikation. So gibt es hunderte verschiedene Gassorten, die zum Teil unterschiedliche Qualitäten haben. Außerdem gibt es drei verschiedene Gasleitungssysteme mit verschiedenen Druckstufen sowie Speicherkapazitäten, die zwischen den Unternehmen ungleich verteilt sind.

asi

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