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Gaspreise: Etappensieg für die Verbraucher

Noch ist eine Entscheidung im Verfahren um die bundesweit erste Sammelklage gegen Gas-Preiserhöhungen nicht gefallen. Doch zeichnet sich ab, dass der Gasversorger Eon seine Preiskalkulationen offen legen muss.

Hamburg/Berlin (15.09.2005, 17:26 Uhr) - Das sei ihre vorläufige Rechtsmeinung nach dem bisherigen Stand des Verfahrens, sagte die Vorsitzende Richterin der 11. Zivilkammer am Hamburger Landgericht am Donnerstag nach dem ersten Verhandlungstag. Nur so könne das Gericht überprüfen, ob die Preiserhöhungen von Eon Hanse vom 1. Oktober 2004 sowie vom 1. Februar und 1. August dieses Jahres angemessen seien.

Das Gericht folgte in seiner vorläufigen Einschätzung in weiten Teilen den Argumenten der 54 Eon-Kunden, die mit Unterstützung der Hamburger Verbraucherzentrale eine Sammelklage eingereicht hatten. Danach haben die Verbraucher einen Anspruch darauf, die «Billigkeit» - so der juristische Fachausdruck - der Preiserhöhungen überprüfen zu lassen. Damit ist allerdings noch keine Vorentscheidung darüber getroffen, ob die Preise von Eon Hanse im juristischen Sinne korrekt sind. Das kann nach Darstellung der Richterin erst überprüft werden, wenn Eon Hanse entsprechende Unterlagen vorlegt.

Sprecher und Anwalt der Verbraucherzentrale begrüßten den Verlauf der Verhandlung und erklärten, sie seien guten Mutes für den weiteren Verlauf des Verfahrens. Dagegen erklärte Eon-Hanse-Sprecherin Esther Seemann, bislang gebe es weder Gewinner noch Verlierer. Das Unternehmen werde mit einem weiteren Schriftsatz auf die Ausführungen der Richterin reagieren.

Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) vernachlässigt die Diskussion in dem Verfahren die aktuellen Entwicklungen auf den internationalen Rohstoffmärkten. Die steigende Erdgas-Nachfrage verknappe das weltweite Angebot. «Vor diesem Hintergrund sind Preissteigerungen derzeit leider oft unvermeidbar», sagte BGW-Geschäftsführer Martin Weyand. Dieser Haltung hätten sich bislang auch die Gerichte in Koblenz und Euskirchen in vergleichbaren Fällen angeschlossen.

Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Edda Müller, sprach hingegen von einem weiteren Erfolg auf dem Weg zu mehr Wettbewerb im Gasmarkt und angemessene Preise. «Wer eine weiße Weste hat, dürfte eigentlich nichts zu verbergen haben.»

Auch der Bund der Energieverbraucher zeigte sich überzeugt, dass die Verbraucherrechte gestärkt werden. «Der Prozess wird zeigen, dass die Widersprüche gegen die Gaspreisrechnungen eine materielle Basis haben», sagte der Vorsitzende Aribert Peters. Nach seinen Angaben weigern sich derzeit rund 500 000 Verbraucher, Gasrechnungen zu zahlen, die ihrer Meinung nach zu hoch sind. Der BGW wies diese Zahl als nicht zutreffend zurück. Weniger als 0,1 Prozent aller 20 Millionen Gaskunden in Deutschland verweigerten die Zahlung.

Die Tochtergesellschaft des Eon-Konzerns hatte mit Hinweis auf die Ölpreisbindung ihre Gaspreise in drei Schritten um mehr als 25 Prozent erhöht, ebenso wie andere Versorgungsunternehmen in Deutschland. Neben der Hamburger Sammelklage, die eine Signalwirkung entfalten soll, gibt es ähnliche Verfahren in Bremen und Heilbronn. Die Verbraucherverbände bereiten weitere Klagen in anderen Bundesländern vor. Auf der anderen Seite ist beim Landgericht Dortmund eine Klage des Versorgers Eon Westfalen Weser mit Sitz in Paderborn gegen Verbraucher anhängig, die die Erhöhungen nicht zahlen. Verhandelt werden soll nach Angaben des Gerichts am 16. März kommenden Jahres.

Im Hamburger Fall ist eine Entscheidung für den 8. Dezember angesetzt. Alle Prozessbeteiligten rechnen aber damit, dass anschließend weitere Instanzen zu urteilen haben, bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH). (tso/dpa)

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