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Wirtschaft: Gaspreise könnten im Herbst schon wieder steigen

Großversorger VNG erwartet, dass sich der Wettbewerb im Netz verzögert – für Verbraucher dürfte das teuer werden

Berlin - Der Wettbewerb auf dem Gasmarkt kommt nur schleppend voran. Das hat nun erstmals auch ein etablierter Energiekonzern zugegeben. „Es wird noch einige Zeit Übergangslösungen geben müssen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des ostdeutschen Großversorgers VNG, Klaus-Ewald Holst, dem Tagesspiegel. Er gehe davon aus, dass die Verbraucher ihren Gasanbieter in diesem Jahr noch nicht frei wählen können. „Ich rechne damit, dass wir Mitte 2007 technisch so weit sind, jedem Kunden einen Wechsel zu ermöglichen.“

Offiziell hatten sich die Gasbranche und die Bundesnetzagentur den 1. Oktober 2006 als Ziel gesetzt. Bis dahin wollten sie die Bedingungen für einen funktionierenden Wettbewerb auf dem Gasmarkt schaffen. Derzeit sind die Verbraucher in Deutschland an ihren örtlichen Monopolisten gebunden, in Berlin also an die Gasag. Ob sich daran etwas ändert, ist aber offen. „Entscheidend ist, ob es überhaupt neue Anbieter gibt“, sagte Holst. „Das Stadtwerk Leipzig wird sein Gas nur dann in Rostock anbieten, wenn es den Preis des dortigen Stadtwerks unterbieten kann. Mir ist nicht klar, wo dieses billigere Gas herkommen soll.“

Trotzdem hält Holst den Wettbewerb um Privatkunden für die Schlüsselfrage der Branche. „Wenn wir es nicht schaffen, den Verbrauchern Wechselmöglichkeiten zu bieten, werden wir aus der Imagefalle nicht herauskommen.“ Schließlich könnten Heizölkunden ebenfalls zwischen verschiedenen Anbietern wählen. „Öl ist dadurch zwar nicht billiger, aber die Verbraucher haben ein besseres Gefühl. Das müssen wir bei Gas auch hinkriegen“, forderte Holst. Dass dies möglich sei, beweise der Markt für Industriekunden, die ihren Gasanbieter bereits frei wählen könnten.

Für Oktober 2006 deutete Holst weitere Gaspreissteigerungen an. „Wenn Heizöl teurer wird, dann müssen wir auch von einem weiteren Preisanstieg bei Gas ausgehen.“ Wegen der Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis gebe es „gar keine andere Möglichkeit“. Eine Entwicklung in die andere Richtung sei sehr unwahrscheinlich. „Es gibt international kein Anzeichen, das auf sinkende Energiepreise hindeutet. Deshalb gilt auch für Erdgas, dass wir eher steigende Preise zu erwarten haben.“ Im vergangenen Winter waren die Gaspreise deutschlandweit um 15 bis 20 Prozent gestiegen.

Selbst langfristig gibt es Holst zufolge „kein einziges Argument“ für sinkende Energiepreise. „Die Grünen haben Mitte der 90er Jahre gefordert, dass Energie teurer werden muss. Eigentlich wird jetzt nur nachvollzogen, was sie vorausgesagt haben.“ Dies sei eine logische Folge der weltweit steigenden Nachfrage und der begrenzten Zahl an Produzentenländern. Deutschland bezieht rund 35 Prozent seines Erdgases aus Russland.

Holst betonte, dass sich die deutschen Gasversorger an den steigenden Preisen nicht bereicherten. „Wir sind keine Abzocker.“ So zahle die VNG seit Januar 2004 Monat für Monat höhere Preise an die Produzenten in Russland und Norwegen. 2005 sei der Konzernüberschuss der VNG von 117 auf 86 Millionen Euro gesunken, weil man steigende Beschaffungskosten nicht voll weitergeben konnte.

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