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Wirtschaft: Gasprom sucht Erdgas in der Nordsee

Russischer Staatskonzern könnte Deutschland auch von Westen beliefern

Berlin - Der russische Energiekonzern Gasprom bohrt jetzt auch in der Nordsee nach Erdgas. Dies teilte die Gasprom-Tochter ZMB mit, die ihren Sitz in Berlin hat. „Wir wollen unsere Förderaktivitäten über Russland und Zentralasien hinaus ausweiten“, sagte ZMB-Sprecher Andreas Böldt dem Tagesspiegel. Die Bezugsquellen des russischen Staatskonzerns sollen dadurch breiter gestreut werden. Für Gasprom ist es die erste Bohrung außerhalb der ehemaligen Sowjetunion.

Zunächst geht es jedoch nur um eine Probebohrung. Dadurch soll ein vermutetes Gasfeld auf dem englischen Kontinentalsockel der Nordsee erkundet werden. Im zweiten Quartal dieses Jahres soll die Suchbohrung in 4000 Metern Tiefe beginnen. Gasprom ist an dem Projekt mit 25 Prozent beteiligt, 40 Prozent gehören der BASF-Tochter Wintershall.

Falls Gas gefunden wird, soll dies vor allem für den englischen Markt gefördert werden. „Das ist unser primäres Ziel“, erklärte Böldt. Daneben ist aber auch eine Lieferung nach Deutschland über die bestehende englisch-belgische Interconnector-Leitung nicht ausgeschlossen. „Theoretisch ist das möglich“, sagte Böldt. Zusätzlich zu dem bisher 35-prozentigen Anteil von russischem Gas am deutschen Gesamtverbrauch käme dann auch von Westen Gasprom-Gas hinzu.

Böldt zufolge wäre die Erschließung des vermuteten Gasfelds mit einem hohen technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Dies sei vermutlich der Grund, warum sich englische Firmen bisher nicht um das Feld gekümmert hätten. „Die Technologie entwickelt sich aber immer weiter“, erklärte Böldt. „Deshalb werden nun auch Vorkommen rentabel, die bisher nicht wirtschaftlich zu erschließen waren.“ Befürchtungen, dass das Gas in der Nordsee schon bald knapp werden könnte, teile Gasprom nicht. „Das reicht noch für einige Jahre“, sagte Böldt.

Zur vermuteten Größe des Gasfelds machten weder Gasprom noch Wintershall Angaben, ebenso nicht zu den Kosten der Erschließung. Die Lizenz zum Bohren hatte Wintershall vom englischen Staat erworben. Wintershall ist über das gemeinsame Joint-Venture Wingas indirekt mit Gasprom verbunden.

Unterdessen stehen neue Konflikte in Osteuropa an. So erklärte die Ukraine, trotz der mühsam ausgehandelten Lösung im Gasstreit mit Russland kein Gas aus dem Nachbarland zu importieren. Wegen Lieferzusagen aus Turkmenien sei man darauf nicht angewiesen. Derweil lehnte auch Bulgarien eine von Gasprom vorgeschlagene Regelung für den Gastransit ab.

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