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Wirtschaft: Gasprom will deutsche Kunden

Berliner Tochter des russischen Konzerns steckt hier zu Lande Milliarden in Pipelines und Beteiligungen

Berlin - Der russische Energiekonzern Gasprom will im großen Stil in Deutschland investieren. Allein in das Leitungsnetz der Kasseler Tochter Wingas sollen in den nächsten Jahren zwei bis drei Milliarden Euro fließen, sagte der Deutschland-Chef von Gasprom, Hans-Joachim Gornig, am Montag in Berlin. Darüber hinaus planen die Russen den Einstieg bei weiteren deutschen Unternehmen wie zum Beispiel Stadtwerken. „Wir arbeiten derzeit an mehreren Beteiligungsprojekten“, sagte Gornig, ohne Details zu nennen. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel betonte er allerdings, dass auch die Berliner Gasag „für Dritte interessant“ sei. „In den letzten Jahren ist sie wesentlich attraktiver geworden als zuvor“, sagte Gornig. „Gegenwärtig ist das für uns aber kein Thema.“

Gornig steht der Gasprom-Tochter ZGG vor, die ihren Sitz in Berlin hat. Das Unternehmen ist für den Vertrieb von russischem Gas in Westeuropa zuständig. Allein in Deutschland stammen 35 Prozent des Erdgases von Gasprom. Der halbstaatliche Konzern hat das Exportmonopol für Gas aus Russland. Gemessen am Börsenwert ist Gasprom das weltweit drittgrößte Unternehmen überhaupt nach Exxon Mobil und General Electric.

Wegen der hohen Gaspreise konnte ZGG den Umsatz im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro steigern. „2005 war das beste Jahr in unserer Geschichte“, sagte Gornig. Der Jahresüberschuss kletterte um 23 Prozent auf 182,4 Millionen Euro. 30 Millionen Euro davon will ZGG als Dividende an den Mutterkonzern in Moskau überweisen. Deutlich mehr Geld führt das Unternehmen allerdings an den deutschen Fiskus ab: „Wir bezahlen in Berlin knapp 50 Millionen Euro Steuern“, sagte Gornig.

Auch sonst versucht ZGG, sich als Berliner Unternehmen zu präsentieren. „Bei Finanzierungsfragen bitten wir unsere Banken immer, das über deren Berliner Häuser abzuwickeln“, sagte Gornig dieser Zeitung. Außerdem habe das Unternehmen in Berlin schon 80 Arbeitsplätze geschaffen, weitere sollen folgen. Langfristig kann sich Gasprom sogar vorstellen, Berliner Kunden direkt mit Gas zu versorgen. „Für die Zukunft ist das nicht auszuschließen“, sagte Gornig. „Heute stellt sich diese Frage aber nicht.“

Was den Gaspreis betrifft, rechnet ZGG auch weiter mit einem Anstieg. „In der Tendenz werden alle Energieträger teurer, also auch Erdgas“, sagte Gornig. Als Grund nannte er den steigenden Bedarf in China und Indien. „Das ist bei Rotwein nicht anders: Mit der Nachfrage steigt der Preis.“ Deutschlandweit hatte sich Erdgas in der vergangenen Wintersaison um 15 bis 20 Prozent verteuert.

Was für die Verbraucher neue Belastungen darstellt, bedeutet für Gasprom noch stärker sprudelnde Einnahmen. So erwartet die Berliner Tochter ZGG für das laufende Jahr erneut einen „deutlich steigenden Umsatz“. Der Jahresüberschuss soll erstmals über 200 Millionen Euro steigen. „Und das ist eine konservative Prognose“, erklärte Gornig. So kam das Unternehmen bereits im ersten Quartal dieses Jahres auf einen Überschuss von 107 Millionen Euro – ein Plus gegenüber dem Vorjahreszeitraum von rund 100 Prozent.

Dass diese Entwicklung vor allem preisbedingt ist, zeigt ein Blick auf die Absatzzahlen: Im vergangenen Jahr verkaufte ZGG acht Prozent weniger Gas als im Jahr zuvor. Gornig machte dafür „die politische Situation in der Ukraine“ verantwortlich. Im Januar hatte Gasprom seine Lieferungen an die Ukraine wegen Preisstreitigkeiten eingeschränkt. Für 2006 erwartet ZGG aber wieder einen steigenden Absatz.

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