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© AFP

Gasstreit: Putins nächtlicher Rat: "Nicht hochnäsig sein"

Nachdem Wladimir Putin am Freitag in Berlin bereits mit Vertretern europäischer Energieunternehmen zusammengetroffen war, sprach er nun in der Nacht zum Samstag in Dresden vor einer Runde deutscher Chefredakteure über die Gaskrise mit der Ukraine.

Wladimir Putin sieht sich und Russland beim Gasstreit der geballten Verständnislosigkeit ausgesetzt - und hält dagegen. "Was bleibt unverständlich an unserer Position, was ist noch unklar?", beschwor der russische Ministerpräsident eine Runde deutscher Chefredakteure mitten in der Nacht zum Samstag in Dresden. "Jeder ehrliche Mensch muss unsere Position verstehen".

Ein sichtlich um Schadensbegrenzung bemühter Putin räumte den russischen Imageverlust durch die Gaskrise ein. Er widersprach auch nicht, als ihm ein Teilnehmer der Runde vorhielt, dies sei nun schon die zweite, am Ansehen Russlands kratzende Episode nach dem Georgienkrieg innerhalb eines Jahres. Doch die Schuldigen für solch Unbill sieht Putin weiterhin vor allem in Kiew am Werke. Das werde nicht deutlich genug gesehen in Europa und in Deutschland, klagte Putin. "So lange in Deutschland die Meinung vorherrscht, Russland sei schuld an der Lage, wird die Ukraine ihre Haltung in dem Streit nicht ändern".

"Monopole sind immer schlecht"

Denn was sich dort abspiele, sei "eine Art Clanfehde", holte Putin aus. Es gehe den zerstrittenen Fraktionen der ukrainischen Regierung "um den Zugang zu den Finanzströmen". Mit gestohlenem oder zu niedrig bezahltem Gas produziere Kiew Mehrwert in Form billiger Industrieprodukte und verschaffe sich so unlautere Vorteile auf dem Weltmarkt. Dem müsse Einhalt geboten werden. Das klang nicht nach Konzessionsbereitschaft, eher nach dem unbedingten Willen, angesichts des ohnehin schon entstandenen Schadens ein Problem nun final lösen zu wollen.

Es gebe zwei Silberstreifen am Horizont des Konflikts, sagte Putin, einen kurz- und einen langfristigen. Kurzfristig sei absehbar, dass die Ukraine auch den heimischen Gasbedarf bald nicht mehr decken könne und dann politisch beidrehen müsse. "In eineinhalb bis zwei Monaten wird Kiew unser Gas definitiv brauchen, allein schon um die Schwerindustrie im Osten der Ukraine nicht abschalten zu müssen". Langfristig werde Russland durch den Bau der Ostsee-Pipeline und der Schwarzmeer-Pipeline seine Abhängigkeit vom Wohlverhalten der Transitländer entscheidend verringern. «Monopole sind immer schlecht, auch Transitmonopole» fasste Putin zusammen.

"Gute Nachbarn erkennen die Bedürfnisse des anderen"

Das mitternächtliche Gespräch mit den deutschen Medien wurde zur Tour d'Horizon eines um Verständnis für die russische Position bemühten Regierungschefs. Vom künftigen US-Präsidenten Barack Obama erhoffe sich Russland nicht weniger als eine Überprüfung des Plans zum Bau eines US-Raketenabwehrsystems, eine umfassende Rüstungskontrolle und enge wirtschaftliche Zusammenarbeit. "Man kann auch Georgien und die Ukraine anders schützen als durch eine NATO- Mitgliedschaft", vermutete Putin, und auch bei den Themen Iran und Nahost sei fruchtbare Kooperation mit den USA keine schlechte Idee.

Und Europa? "Wir sind Nachbarn, nicht wahr?" lautete die Gegenfrage. "Gute Nachbarn erkennen die Bedürfnisse des anderen". Alles sei möglich im europäisch-russischen Verhältnis, doch jedes Land habe seine spezifischen Entwicklungsgeschwindigkeiten. "Nicht hochnäsig sein, ist ein guter Anfang für den langen Weg" gab der Russe den Deutschen als Rat mit auf den Heimweg. (dpa/ mwe)

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