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Wirtschaft: Geb. 1936

Arndt Bause

„Sing, mei Sachse sing“ machte ihn zum reichen Mann, viele andere Titel zum berühmten. In der DDR.

Der letzte Sonntag. Alles fühlt sich gut an, nach gutem Leben, irgendwie sogar nach Neuanfang. Besonders für ihn: den Vater. Neue Geräte hatte er gekauft, hochwertige natürlich, die Pappkartons standen noch im Flur herum. Ein Ende? Tod sogar? Nicht jetzt, noch lange nicht.

Spaghetti mit Meeresfrüchten hatte er gemacht, sein Leibgericht, den Kamin hatten sie angefeuert, Mensch ärgere dich nicht gespielt. Gefreut haben sie sich, diese Familie zu sein – die Bauses. In Biesdorf. Arndt, Angret, drei Töchter, zwei Enkel, ein schönes Haus. Und keine Sorgen, nicht mal Bitterkeit. So wie sie hin und wieder aufblitzt, bei den Großen der vergangenen DDR. Schauspieler, Sänger, Stars. Viele vergessen, unbrauchbar fürs neue Deutschland. Schade um einige, nicht schade um alle. Gut für die, die den Liebesentzug verkrafteten.

Arndt Bause war so einer. Er hat immer nach vorn geguckt, für uns alle gleich mit, sagt Tochter Inka, die Schlagersängerin ist . Obwohl es da diese Demütigungen gab, sagt sie auch. Das Aus und Vorbei nach der Wende. Plötzlich nicht mehr wer sein. Nicht mehr der Schlagermacher und Hitkomponist. Nicht mehr Arndt Bause, der Erfolgsmensch. „Sing, mei Sachse sing“ machte den Mann, der selber Sachse war, zum reichen Mann, viele andere Schlager zum berühmten. In der DDR. „Ich geh vom Nordpol zum Südpol zu Fuß“, „Erna kommt“ gehörten dazu. Den Erfolg mag er schon als Junge geahnt haben, wie das Gewieften so eigen ist. Mit zwölf Jahren hat er Klavierspielen gelernt, Glasbläser war er auch mal – das hat er getan, um im Warmen zu sein.

Als 1991 Helga Hahnemann starb, die alle immer gerne „Henne“ nannten, ging nochmal viel zu Bruch. Arndt Bause und sie waren etwas, was man heute wohl „ein starkes Team“ nennen würde, sie waren sogar Freunde. Er schneiderte ihr das Ulknudel-Image für die Bühne. Und soll mal gesagt haben: „Für uns war alles rund, das hätte immer so weiter gehen können.“

Es ging nicht so weiter. Aber wenigstens, sagt die Tochter, hatte er bis dahin ein gutes Leben. Und war ein guter Vater. Wenn auch viel weg und unterwegs.

Die Frühstücksstullen waren sein Job, den ließ er sich nicht nehmen. Wie überhaupt ein angenehmes Leben wichtig war. Bause war nicht Genosse, lieber Westwagenfahrer. Und Westreisender. Fand Mercedes gut. Und meldete sich, wenn Vater Staat die privilegierten Kreise mal wieder mit Volvo belobigen wollte und die Schlitten aus dem fernen Schweden verteilt werden mussten.

Kinder, ich bin erfolgreich, das kann von mir aus jeder sehen, sagte er zu seinen Mädchen. Und wenn Inka, gerade 18 damals, einen Trabi brauchte, weil sie als Schlagersängerin durchs Land fuhr, dann holte er der Tochter einen ran. Sich verstecken, leise sein, das war nicht seins.

Deshalb auch das Buch, die Memoiren. „Der Mann mit der goldenen Nase“. Die goldene Nase nutzte im Westen nicht mehr viel, hier galt das Anschlussgebiet als Absatzmarkt und nicht als Produktionsstätte für frohe Melodien. Und Bause hat doch immer gedacht, ehrliche Arbeit gelte überall. Die bunten Blätter aber interessierten sich nicht für ihn, nicht mal für den Erfolg, in Zahlen: 1300 Tanzmusiktitel, 25 Defa-Film- Musiken und ein Musical. Später einmal sagte er zu seiner Tochter: „Wunder dich nicht, dass du keine Titelstories kriegst. 17 Jahre mit dem gleichen Mann, wer will das lesen?“

Ein letzter Sonntag in Biesdorf, in Familie. Jetzt werfen sie hier Blumen übern Zaun, sagt Tochter Inka, die nun Bruch und nicht mehr Bause heißt.

Das wird das Sonnenjahr, das Jahr 2003, hat der Vater neulich noch gesagt. Nun ist er tot, so plötzlich, eine Lungenembolie. Und hat nicht mehr den großen Hit geschrieben, der ihm am Ende auf der Seele lag. Aber eine Platte hat er aufgenommen, Ende 2002. Mit Jürgen Walther, auch einem von damals. Sie heißt „Das Leben hat was“.

Judka Strittmatter

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