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Wirtschaft: Gefährliche Geldgier

TAGESSPIEGEL: Bayern München wird immer reicher, die anderen Bundesliga-Clubs haben das Nachsehen.Wo soll das enden?

TAGESSPIEGEL: Bayern München wird immer reicher, die anderen Bundesliga-Clubs haben das Nachsehen.Wo soll das enden?

LEMKE: Wenn ein Verein auf den Meistertitel abonniert ist, ist das eine große Gefahr für die Fußball-Bundesliga.Wir brauchen eine starke Liga, in der jeder jeden schlagen kann.

TAGESSPIEGEL: München als derzeitig unangefochtene Nummer eins kann seine Spiele teuer vermarkten und mit den Fernsehgeldern wieder neue, teure Spieler kaufen.Wie wollen Sie diese Spirale durchbrechen?

LEMKE: Was für Bayern München gut wäre, muß nicht für die anderen 17 Vereine ebenfalls gut sein.Deshalb wehren wir uns auch gegen eine solche Entwicklung.Fußball hat derzeit Konjunktur, aber das kann sich schnell ändern, wenn die Fans dem Verein die Treue aufkündigen.Das Bosman-Urteil und die Geldgier einzelner, die nur ihren Profit im Auge haben, gefährden den deutschen Fußball.

TAGESSPIEGEL: Wird die Karte Fußball überreizt?

LEMKE: Ja.Das Bosman-Urteil, das Spielern erlaubt, nach Ablauf ihres Vertrages ohne Ablösesumme den Verein zu wechseln, hat verheerende Konsequenzen.Auf dem Platz stehen immer mehr Söldner.Die Spieler gehen dahin, wo ihnen ein paar Tausend Mark mehr geboten werden.Das führt zu einer Verrohung der Sitten.Es ist nicht mehr wichtig, ob man für Schalke oder Werder oder Dortmund spielt, sondern es zählt nur noch, wo man das meiste Geld bekommt.Die Bindung zwischen Spielern und Verein droht in die Brüche zu gehen.Das verzeihen die Fans nicht.Wenn nur noch Söldner auf dem Platz stehen, belastet das auch das Verhältnis zwischen Verein und Fans.

TAGESSPIEGEL: Bleiben die Stadien eines Tages leer?

LEMKE: Man muß gegen eine solche Entwicklung ankämpfen.Fußball ohne Zuschauer im Stadion ist wie eine Suppe ohne Salz.

TAGESSPIEGEL: Spielt da auch der Neid des derzeitigen Kellerkindes gegenüber dem Tabellenersten mit?

LEMKE: Natürlich versuche ich, auch für Werder das meiste herauszuschlagen.Aber man muß doch über den eigenen Tellerrand hinausschauen.Bayern München kümmert das nicht.Die orientieren sich anders.Die Champions League wird künftig noch mehr Geld abwerfen, und der Verein ist daran interessiert, seinen Profit weiter zu maximieren.

TAGESSPIEGEL: Aber zumindest ist die geplante Europaliga vom Tisch.

LEMKE: Dafür wird die Champions League aufgebläht.Fußball wird doch immer mehr zum Mediengeschäft.Bald wird Fußball von Kapitalgesellschaften gespielt, die Murdoch, Kirch oder Berlusconi gehören.

TAGESSPIEGEL: In den internationalen Wettbewerben haben die Vereine bereits die TV-Vermarktungsrechte für ihre Heimspiele.Nun prüft die EU-Kommission, ob das Vermarktungsmonopol des DFB auch für die Bundesliga-Begegnungen fallen soll.Wer würde davon profitieren?

LEMKE: Die EU-Kommission darf das Monopol des DFB für die Vermarktung der Fernsehrechte an der Fußball-Bundesliga auf keinen Fall kippen.Das würde nur den Großen in die Hände spielen.Der Rest hätte das Nachsehen.

TAGESSPIEGEL: Würde der Börsengang die Kluft zwischen den Armen und den Reichen der Liga noch weiter auseinandertreiben?

LEMKE: Ja, natürlich.Obwohl im Moment außer Dortmund wohl niemand an die Börse will.Aber die Umwandlung der mächtigen Vereine in Kapitalgesellschaften, an denen sich dann die großen Medienkonzerne beteiligen können, ist sehr wahrscheinlich.Stellen Sie sich vor, Murdoch steigt bei Dortmund oder München mit 25 Prozent ein und sichert sich so die medienpolitische Vermarktung der Spiele.Der Club braucht dann doch gar nicht mehr an die Börse zu gehen.

TAGESSPIEGEL: Und was macht Werder?

LEMKE: Wir werden sehr behutsam vorgehen.Man kann das Kerngeschäft, den Bundesliga-Fußball, auch auf andere Art und Weise modernisieren.Wir planen, den Vorstand - auf Kosten des Präsidiums - zu erweitern und ihn um einen Sportdirektor und einen kaufmännischen Direktor zu ergänzen.Wir werden den Verein auf jeden Fall weiter professionalisieren.Aber ansonsten warten wir erst einmal ab, um unötige Fehler zu vermeiden.

Das Interview führte Heike Jahberg

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