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Gegen Wirtschaftsbosse: Merkel verteidigt Schröders Pflegezeit-Idee

Orientierungslosigkeit hatte BDI-Chef Keitel der schwarz-gelben Regierung kürzlich bescheinigt. Bei einem Spitzengespräch mit Kanzlerin Merkel wiederholte er das nicht. Dennoch sind die Unternehmer alles andere als glücklich - wie Merkel beim Thema Pflegegeld feststellen musste.

München - Beide Seiten waren um demonstrative Harmonie bemüht. Bei einem Gespräch mit Spitzenvertretern der deutschen Wirtschaft am Rande der Handwerksmesse in München sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie sei „proaktiv“ auf die Kritik deutscher Wirtschaftsführer an ihrer Regierung eingegangen und habe einhellige Zustimmung über erste wirtschaftspolitische Erfolge geerntet. Sie habe Verständnis, dass in der ökonomisch angespannten Situation nicht jeder immer applaudieren könne. Das zielte auf BDI-Chef Hans-Peter Keitel, der Merkels Regierung zuvor Orientierungslosigkeit vorgeworfen hatte. In München stellte er gemeinsame Wachstumsziele, die Politik und Wirtschaft verbinden, in den Vordergrund. Seine Regierungsschelte erneuerte er nicht.

In der Sache sind beide Parteien aber oft auseinander. Das zeigt zum Beispiel die von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) vorgeschlagene Pflegezeit für Berufstätige mit pflegebedürftigen Angehörigen. Der Plan sei eine einseitige Belastung der Wirtschaft, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Martin Wansleben. Ein Weg von der Leistungs- in eine Anspruchsgesellschaft sei eine Sackgasse. Schröders Plan sieht vor, dass pflegende Angehörige bis zu zwei Jahre lang nur die Hälfte arbeiten, aber drei Viertel ihres Lohns erhalten. Wenn sie nach der Pflege wieder voll arbeiten können, sollen sie dann so lange weiterhin nur 75 Prozent verdienen, wie sie zuvor gepflegt haben. Merkel verteidigte ihre Ministerin. „Das würde ich nicht sofort vom Tisch wischen“, betonte sie . Gerade angesichts eines aufkeimenden Fachkräftemangels werde die Verbindung von Familie und Beruf immer wichtiger.

Bei diesen Worten kam hörbare Unruhe auf unter den Wirtschaftsbossen. Sie sehen den bereits offenkundigen Fachkräftemangel im schlechten Bildungsniveau von Schulabgängern begründet. Es sei Sache der Politik für ausbildungsfähige Jugendliche zu sorgen. Ausgeräumt sind die Dissonanzen zwischen Bundesregierung und Wirtschaft nicht. (tmh)

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