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Wirtschaft: Gelassen bleiben

Experten sehen Weltkonjunktur weiter auf Wachstumskurs / Unternehmen bleiben optimistisch

Berlin - Die Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten werden das Wachstum der Weltwirtschaft vermutlich kaum beeinträchtigen. Gerade deutsche Unternehmen können nach Einschätzung von Experten mit einem erfolgreichen zweiten Halbjahr rechnen. Die US-Immobilienkrise dürfte deutsche Exporteure in Amerika zwar Aufträge kosten, die Nachfrage aus anderen Ländern gleiche diese Schwäche aber mehr als aus. Diesen Tenor ergab eine „Handelsblatt“-Umfrage bei Unternehmen, Volkswirten und Wirtschaftsverbänden.

„Die Realwirtschaft wächst weltweit kräftig, da wächst die deutsche Wirtschaft kräftig mit“, sagt Joachim Fels von der Investmentbank Morgan Stanley. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die Weltwirtschaft weiter auf Wachstumskurs: Alle Fundamentaldaten sprächen dafür, die Auswirkungen der Kreditkrise seien kontrollierbar.

Selbst für die US-Wirtschaft, die die Folgen der Hypothekenkrise am ehesten zu spüren bekommt, erwarten Experten keinen Einbruch. US-Volkswirte haben ihre Wachstumsprognosen jüngst um 0,1 Prozentpunkte zurückgestuft. Sie rechnen im laufenden Quartal jetzt mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,3 Prozent. Für das Gesamtjahr erwarten sie einen Zuwachs von 2,2 Prozent. „Die Risiken sind gestiegen, aber wir werden da durchkommen“, sagte Diane Swonk von Mesirow Financial. Die Hauptsorge gilt dem privaten Konsum, der zuletzt Ermüdungserscheinungen zeigte. Er steht für mehr als zwei Drittel der US-Konjunktur.

Erste Anzeichen einer schwächeren US-Wirtschaft spüren die deutschen Maschinenbauer bereits – die Ausfuhr von Baumaschinen in die USA brach in den ersten vier Monaten um 14 Prozent ein. Doch weltweit stieg dafür die Nachfrage in diesem Segment um 16 Prozent. „Das gleicht die US-Schwäche mehr als aus“, sagt Konjunkturexperte Olaf Wortmann vom Branchenverband VDMA. Nach einem Gesamtwachstum von elf Prozent im ersten Halbjahr hoben die Maschinenbauer ihre Prognose fürs Gesamtjahr deutlich von vier auf neun Prozent an.

Noch optimistischer blicken Nischenanbieter wie der Werkzeugmaschinenbauer Gildemeister in die Zukunft. „Wir erwarten, die Wachstumsraten dieses Jahres wiederholen zu können“, sagte Konzernchef Rüdiger Kapitza mit Blick auf 2008. Für das laufende Jahr hob er seine Planungen für die Auftragseingänge noch einmal um 15 Prozent an.

Auch Rainer Bechtold vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie ist zuversichtlich: „Wir haben keinerlei Veranlassung, unsere Prognose von Anfang Juli in Frage zu stellen.“ Nach sechsprozentigem Umsatzwachstum in den ersten vier Monaten rechnet die Elektroindustrie im Gesamtjahr mit „mindestens sechs Prozent“. Die Dax-Konzerne teilen diesen Optimismus: Sie haben unlängst ihre Jahresprognosen angehoben oder bestätigt. Niemand bereitete seine Anleger auf eine Abschwächung, geschweige denn auf eine Trendwende vor.

Rückendeckung erhalten die Konzerne von Ökonomen. Vor allem zwei Gründe sprechen aus Sicht des Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Bert Rürup, für eine Tempoerhöhung im zweiten Halbjahr: „Dank der guten Arbeitsmarktentwicklung haben weniger Menschen Angst, ihren Job zu verlieren; das sollte den Konsum ankurbeln.“ Der Auftragsschub für die Industrie werde auch die industrielle Produktion steigern. Zudem ziehe die Exportwirtschaft an, sagte der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Axel Nitschke. ebe/doh/som (HB)

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