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Geldpolitik: Ben Bernanke strafft die Zügel

Die amerikanische Notenbank hat das Ende der extrem lockeren Geldpolitik eingeläutet, die sie seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise verfolgt. Sie beendete ihre lockere Geldpolitik – und schickte den Euro auf Talfahrt

Berlin - Die amerikanische Notenbank hat das Ende der extrem lockeren Geldpolitik eingeläutet, die sie seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise verfolgt. Am Donnerstagabend erhöhte die Federal Reserve (Fed) den Zinssatz für Kredite, mit denen sich Banken im Notfall kurzfristig Geld von der Zentralbank besorgen können (Diskontsatz), von 0,5 auf 0,75 Prozent. Dies geschehe „im Licht der anhaltenden Verbesserungen an den Finanzmärkten“, teilte die Fed mit. Den wichtigen Leitzins ließ sie dagegen unverändert.

Zentralbank-Chef Ben Bernanke hatte einen solchen Schritt vergangene Woche zwar angekündigt. Die erste Zinserhöhung seit 2007 erwischte die Märkte am Freitag dennoch kalt: Der Euro geriet im Verhältnis zum Dollar unter Druck. Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweise auf bis zu 1,3456 Dollar, das war der tiefste Stand seit neun Monaten. Später erholte sie sich etwas. Die Börsen in Tokio reagierten mit heftigen Abschlägen, in Europa hielten sich die Verluste in Grenzen. In New York verzeichneten Dow Jones und Nasdaq sogar leichte Gewinne.

Die Fed beteuerte gleichwohl, dass dieser Schritt noch keine Wende in ihrer Geldpolitik bedeute. Man strebe nur eine Normalisierung der Konditionen an, zu denen die Märkte mit Geld versorgt werden. Der Leitzins werde aber für einen „ausgedehnten Zeitraum“ noch auf einem „außergewöhnlich niedrigen Niveau“ bleiben. Zum Diskontsatz leihen sich die Banken eigentlich nur im Notfall Geld, da er über dem üblichen Leitzinssatz liegt. Zu Beginn der Krise hatten die Institute die Möglichkeit aber stärker genutzt.

Vor allem seit der Pleite der Bank Lehman Brothers hatte die Federal Reserve in einer beispiellosen Weise die Zinsen fast bis auf Null gesenkt, den Märkten mehr als eine Billion Dollar Liquidität zur Verfügung gestellt und einzelne, für das System wichtige Institute direkt stabilisiert. Dadurch wollte sie das Finanzsystem vor dem Zusammenbruch bewahren. Denn angesichts zahlreicher Bankenzusammenbrüche vor allem in den USA und Milliarden-Abschreibungen misstrauten die Akteure in der Krise einander zunehmend, niemand verlieh mehr Geld. In Europa verfolgte die Europäische Zentralbank eine ähnliche Strategie, um die Wirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren.

Dies führt aber zu einer deutlichen Erhöhung der Geldmenge. Wirtschaftsforscher fürchten daher steigende Inflationsraten und mögliche neue Spekulationsblasen in der Zukunft, wenn Kapital extrem billig bleibt – vor allem angesichts der Erholung der amerikanischen Wirtschaft in den vergangenen Monaten.

Fachleute werteten die Entscheidung der Federal Reserve denn auch als ein Aufbruchsignal. Sie sei „ein Schritt in Richtung Normalität“, erklärte Michael Heise, der Chefökonom des Allianz-Konzerns. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte seien auch Erhöhungen des Leitzinses zu erwarten. Die Aktion Bernankes „passt in den Fahrplan der Exit-Strategie“, urteilte Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner. Nicht mehr die mangelnde Liquidität der Banken sei fortan das Problem, sondern „potenzielle Inflationsgefahren zu reichlicher Liquidität“. Weidensteiner rechnet allerdings erst gegen Ende dieses Jahres mit einer Erhöhung des Leitzinses. Carsten Brönstrup

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