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Chinas oberster Staatsbanker macht sich Gedanken über die Schwäche der Wirtschaft - und die Schwäche des Yuan.

© REUTERS

Geldpolitik: Mehr Spielraum für Chinas Banken möglich

Chinas Konjunktur schwächelt. Die dortige Zentralbank gibt sich betont gelassen - deutet jedoch die Lockerung bei Sicherheiten an.

Peking - Es soll Länder geben, die angesichts eines Handelsdefizits tief besorgt wären. Bei China ist das offenbar anders. Im vergangenen Monat übertrafen die Importe die Exporte um umgerechnet 24 Milliarden Euro. Ein so hohes monatliches Defizit hat es im Land des Exportweltmeisters seit zehn Jahren nicht mehr gegeben. Im Januar hatte China noch einen Handelsüberschuss von 20,8 Milliarden Euro vermeldet. Angesichts dessen klingt der Kommentar, den der Chef der chinesischen Zentralbank, Zhou Xiaochuan, am Montag am Rand des Nationalen Volkskongresses abgab, umso überraschender: „Das ist eine gute Sache.“

Zhou wertet das Defizit als wichtiges Signal auf dem Weg zu einer ausgeglichenen Handelsbilanz und einer starken heimischen Nachfrage, den neuen Prämissen der chinesischen Wirtschaftspolitik. Vielleicht ist er auch deshalb so gelassen, weil er als Chef der chinesischen Notenbank die Geldpolitik selbst in der Hand hat. Er deutete an, die Zentralbank könne der Wirtschaft in der derzeitigen Phase nachlassender Konjunktur mit frischem Geld auf die Beine helfen. Zum Beispiel, indem sie den Mindestreservesatz der Banken weiter senkt. Diese anteilige Einlage ihrer Kundengelder müssen die Geldhäuser bei der Zentralbank hinterlegen, um ihre Kredite abzusichern. Zurzeit liegt der Satz bei 20,5 Prozent.

„Es gibt ziemlich viel Raum für Senkungen beim Mindestreservesatz“, sagte Zhou, der auf der Forbes-Liste der einflussreichsten Personen der Welt auf Platz 14 rangiert. Zuletzt hatte die Zentralbank diese Quote zweimal um 0,5 Prozentpunkte abgesenkt. Zhou erinnerte daran, dass der Mindestreservesatz Ende der neunziger Jahre sogar nur sechs Prozent betragen hatte. Trotzdem wolle er diese Feinsteuerung der Geldmenge nur mit aller Vorsicht betreiben, um nicht die Inflation zu beflügeln oder Spekulationen zu fördern. Zumal Wirtschaftsprognosen zurzeit äußerst schwer zu treffen seien. „Der Aufschwung ist, wie wir alle wissen, die größte Unsicherheit in der internationalen Wirtschaft“, sagte Zhou, „besonders angesichts der europäischen Schuldenkrise.“ Die chinesische Führung erwartet im laufenden Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 7,5 Prozent. Es wäre das schwächste Jahresplus seit mehr als 20 Jahren.

Für die chinesische Zentralbank ist das Handelsdefizit des vergangenen Monats auch Beleg dafür, dass die chinesische Währung sich einem ausgewogenen Niveau nähert. Die USA und andere westliche Staaten beschuldigen China immer wieder, den Yuan künstlich niedrig zu halten, um die heimische Exportwirtschaft zu stützen. „Wir werden den Marktkräften erlauben und sie ermutigen, eine größere Rolle zu spielen“, sagte Zhou. „Die Beteiligung der Zentralbank und ihre Eingriffe in den Markt werden nach und nach zurückgefahren“, kündigte er an. Wie sehr man seiner Äußerung Glauben schenken kann, ist indes ungewiss. Am Montag jedenfalls griff die Zentralbank erneut ein und senkte den Yuan-Wechselkurs um 0,3 Prozent ab. Zhou: „Ob die Aufwertung des Yuan vorbei ist? Ich denke, das hängt hauptsächlich von Angebot und Nachfrage im Markt ab.“ Benedikt Voigt

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