zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Geldprobleme bei Berliner Job-Verleiher

Arbeitsvermittler BBJ Consult räumt Zahlungsschwierigkeiten ein, sieht sich aber nicht vor Insolvenz

Berlin - Nach der Pleite der niederländischen Maatwerk GmbH droht nun offenbar der nächste Skandal um eine bundesweit tätige Personal-Service-Agentur (PSA). Nach Informationen des Tagesspiegels hat die Arbeitsagentur Berlin-Mitte ihre Zahlungen an das Dienstleistungsunternehmen BBJ Consult AG, das deutschlandweit rund 20 PSA betreibt, vorläufig eingefroren. Der Grund: Ein Teil der bei der BBJ auf Zeit beschäftigten Arbeitslosen hat ausstehende Gehälter noch nicht erhalten. „Die BBJ hat uns zwar mündlich zugesichert, dass die Gehälter jetzt überwiesen werden, aber wir bestehen auf eine schriftliche Erklärung“, sagte Frank-Michael Süß, Sprecher der Arbeitsagentur Berlin-Mitte, dem Tagesspiegel. Erst wenn diese der Agentur vorliege, würden auch die Fördergelder wieder an die BBJ freigegeben. Das alles solle bereits am heutigen Freitag bei einem Treffen von Vertetern der Arbeitsagentur und der BBJ geklärt werden, so Süß.

Die BBJ Consult AG bestätigte dem Tagesspiegel, dass es zu Verzögerungen bei Gehaltszahlungen aufgrund von Liquiditätsproblemen gekommen sei. „Derzeit verhandeln wir mit der Agentur für Arbeit Anpassungen des bisherigen Verfahrens, so dass davon auszugehen ist, dass künftig keine Zahlungschwierigkeiten auftreten werden“, sagte Ralf Grimpe, Vorstandsmitglied der BBJ Consult AG. Die BBJ Consult AG ist das Kernunternehmen der BBJ-Unternehmensgruppe, die unter anderem in den Bereichen Projektmanagement und Arbeitsvermittlung tätig ist. In ihren PSA beschäftigt die BBJ rund 1000 Zeitarbeiter. Der Aufsichtsrat der BBJ ist mit Prominenten besetzt. Neben dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ottmar Schreiner, der auch der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD vorsitzt, gehört ihm der Vorsitzende des DGB-Nord, Peter Deutschland, an.

Die PSA erhalten monatlich für jeden Arbeitslosen, den sie beschäftigen, eine Förderpauschale. Diese Gelder hat die Arbeitsagentur Berlin-Mitte nach eigenen Angaben pünktlich gezahlt – dennoch hat ein Teil der PSA-Angestellten noch immer kein Gehalt erhalten. Offenbar scheint die BBJ auch Probleme bei den Gehaltszahlungen der eigenen, festangestellten Mitarbeiter zu haben. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen. In einem Schreiben des BBJ-Betriebsrats vom 30.August heißt es: „Als örtlicher Betriebsrat werden wir uns … zu einer Vorlage für einen Musterbrief abstimmen, den die Mitarbeiter an die Unternehmensleitung schicken können und sollten, um ihre Gehaltsforderung geltend zu machen.“

In dem Papier weißt der Betriebsrat ausdrücklich darauf hin, dass „das Nichtgeltendmachen berechtigter Gehaltsansprüche unter bestimmten Umständen dazu führen kann, dass Ansprüche verfallen und dann auch Auswirkungen bei der Berechnung der Höhe eines möglichen Arbeitslosen- oder Insolvenzausfalles haben“. Vorstandsmitglied Grimpe hingegen erklärte, BBJ befinde sich nicht in Insolvenzgefahr. „Die Verhaltensempfehlungen im Falle einer Insolvenz fußen nicht auf Informationen des Vorstands“, sagte er. Die Arbeitsagentur werde Hinweisen über mögliche finanzielle Schwierigkeiten genau nachgehen, sagte deren Sprecher Süß. Sollten sich diese verdichten, dann werde die Agentur Konsequenzen ziehen müssen. Süß warnte aber vor einer Vorverurteilung: „Was zu tun ist, werden wir nach dem Treffen mit der BBJ entscheiden“, sagte er am Donnerstag.

Schon einmal ist ein Betreiber von PSA in die Schlagzeilen gekommen: Die Maatwerk GmbH war mit 201 Agenturen das größte PSA-Unternehmen in Deutschland, bis es im Februar dieses Jahres Konkurs anmelden musste.

Ziel jeder PSA ist es, Arbeitslose über Zeitarbeit in eine neue, dauerhafte Anstellung zu vermitteln. Dabei werden die PSA von der Bundesarbeitsagentur subventioniert. Für jeden Arbeitslosen, den eine PSA einstellt, erhält sie eine Fallpauschale. Die wird für jeden Monat in voller Höhe bezahlt, egal ob der Arbeitslose am Anfang oder Ende des Monats eingestellt worden ist. Einen Beschäftigten Ende des Monats einzustellen, ihn am Anfang des folgenden Monats wieder zu entlassen und so die Prämien für zwei Monate zu kassieren, ist ein legaler Trick, den Maatwerk angewendet hatte.

Auch bei der BBJ ist offenbar diese rechtlich korrekte aber fragwürdige Methode angewandt worden, wie aus internen Unterlagen hervorgeht. In diesem Fall handelt es sich um eine Arbeitslose, die in einer PSA der BBJ zum 30.August anfangen sollte. Die Frau trat ihre Arbeitsstelle jedoch nicht an, sondern kündigte wenige Tage vor dem 30.August. In dem BBJ-Schreiben zu diesem Vorgang steht dann ein Hinweis an die zuständige Bearbeiterin: „Wäre schön, wenn wir die Dame wenigstens einen Tag beschäftigt hätten wegen der Tranche.“

Dagmar Rosenfeld

Zur Startseite