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Hand in Hand. Künftig sollen Roboter und Menschen in der Industrie ganz eng zusammenarbeiten.

© Rainer Jensen/dpa

Gemeinsam mit den USA: Digitaler Schulterschluss soll Industrie 4.0 retten

Industrie 4.0 sollte der deutschen Wirtschaft einen Schub geben. Doch bei der praktischen Umsetzung sind andere weiter. Nun setzen Unternehmen auf ein neues Bündnis.

Die Worte kommen Richard Soley nahezu akzentfrei über die Lippen. Kein Wunder, mit „Industrie vier-null“ beschäftigt sich der Amerikaner nicht erst seit diesem Mittwoch in Berlin. Soley ist Chef des Industrial Internet Consortium (IIC), das sich in den USA um die Digitalisierung der Wirtschaft kümmert. Verglichen mit den Kollegen aus Übersee mit großem Erfolg. Zwar haben die Deutschen die Industrie 4.0 – die vierte industrielle Revolution, in der Maschinen miteinander sprechen und Roboter mit Menschen Hand in Hand arbeiten – bereits 2011 ausgerufen. Doch weiter in der Umsetzung sind Soleys Leute, obwohl sie erst vor zwei Jahren damit begonnen haben. Deshalb suchen die Deutschen nun den Schulterschluss.

Ohne Partnerschaft wird die Digitalisierung nicht gelingen.

Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig

Künftig sollen die Plattform Industrie 4.0 und das IIC gemeinsam an der Revolution arbeiten. Aus Feinden sollen Freunde werden. So will Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, das nicht verstanden wissen. „Aber es ist schon ein Meilenstein, dass wir bei dem Thema jetzt gemeinsam vorangehen“, sagt der SPD-Mann bei der Vorstellung der Kooperation. Das sei ein Vorteil – für beide Seiten, wie er ausdrücklich betont. „Ohne eine Lernpartnerschaft zwischen den USA und Europa wird die Digitalisierung nicht gelingen.“

Eine gemeinsame Sprache für Maschinen

Auch Soley betont diese Notwendigkeit. Es gehe darum, eine gemeinsame Sprache zu finden, mit der sich alle Maschinen in einer digitalisierten Welt verständigen können, versucht er die komplexe Aufgabe auf den Punkt zu bringen. Sein Pendant auf deutscher Seite wird konkreter. Die Maschinen eines Siemens-Gasturbinenwerks in den USA müssten sowohl mit den Zulieferern in ihrer Umgebung sprechen können als auch mit einem Siemens-Gasturbinenwerk in Deutschland, sagt Siegfried Russwurm, Vorstandsmitglied beim Münchener Technologiekonzern.

Beide Organisationen wollen deshalb einen einheitlichen technischen Rahmen schaffen, in dem sich alle Hersteller bewegen können. Auch in Standardisierungsfragen werde man gemeinsame Wege gehen. „Wir wollen nicht deutsche Standards, wir wollen nicht amerikanische Standards, wir wollen weltweite Standards“, sagt Soley.

Bosch und SAP zogen die Fäden

Für die Deutschen besonders wichtig aber ist der Zugriff auf die praktische Erfahrung der IIC-Mitglieder mit der Digitalisierung. Während sich hierzulande die großen Hersteller lange misstrauisch beäugt haben statt gemeinsam in Testanlagen die neuen Möglichkeiten aus der Verschmelzung von Industrie und IT zu erforschen, war genau das der Ansatz des IIC. Rund 30 solcher Testbeds seien so weltweit entstanden, sagt Soley. Sie schaffen Fakten, Defacto-Standards, die die deutsche Konkurrenz nervös machen.

Das gemeinsame Tüfteln bringe alle weiter, die Sorge um den Wissensverlust an die Konkurrenz sei hingegen unbegründet, sagt Soley. Der Wettbewerb entscheide sich über andere Faktoren als Standards, zum Beispiel über Preis und Qualität. Die Digitalisierung werde nicht ein Unternehmen allein gewinnen, „nicht Google, nicht Apple, nicht irgendwer“. Das haben nun auch die Deutschen verstanden: Der Anstoß für die gemeinsame Sache kam von Bosch und SAP – beide waren übrigens schon vorher führend in beiden Initiativen.

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