zum Hauptinhalt
generika

© dpa

Generikaherstellung: EU: Missbrauch und Bestechung in Pharmaindustrie

Vorwürfe gegen die Pharmakonzerne: Die EU-Kommission hält den Produzenten von Orginalpräparaten vor, diese behinderten in vielfacher Weise die Herstellung von wirkstoffgleichen Nachahmerprodukten. Die Konzerne sollen dafür Millionen gezahlt haben.

Das Verhalten der Pharmakonzerne verursache Mehrkosten in Milliardenhöhe, heißt es in einem Bericht über eine knapp einjährige Marktuntersuchung. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kündigte an, die Kommission werde "nicht zögern", auch kartellrechtlich gegen Pharmahersteller vorzugehen. Der Europäische Verband der Pharmaindustrie (EFPIA) widersprach: Er forderte stattdessen mehr Wettbewerb zwischen den Generika-Herstellern.

"Wir haben jetzt ein sehr solides Wissen über das, was in der Branche passiert - und warum", sagte Kroes. Bis Ende Januar könne sich nun der Pharmasektor zur Frage äußern, ob und welche neuen Vorschriften zur Schaffung von mehr Wettbewerb nötig seien.

In dem Bericht wird den Herstellern von Originalmedikamenten vor allem vorgeworfen, den Markteintritt von Generikaherstellern durch die Anmeldung einer Vielzahl von Patente, durch Hunderte von Patentklagen, den Eingriff in die nationale Zulassung von Medikamenten und durch Direktzahlungen an die Generikahersteller zu verzögern oder zu verhindern. So seien 200 Millionen Euro an Generikahersteller gezahlt worden, um diese von bestimmten Märkten festzuhalten. "Wenn wir sehen, dass 1300 Patente für ein einziges Medikament angemeldet werden, dann riecht das sehr nach dem Missbrauch einer Situation", sagte Kroes.

Missstände zufällig entdeckt

Bei einem Arzneimittel-Jahresumsatz von 214 Milliarden Euro in der EU und einem Pharma-Jahresverbrauch von 430 Euro pro EU-Bürger müsse auch der Staat darauf achten, dass mögliche Kostensenkungen eintreten könnten. Bei einer Stichprobenuntersuchung in 17 EU-Staaten in den sieben Jahren bis 2007 sei eine Ersparnis von 14 Milliarden Euro festgestellt worden. Die Verzögerungen bei der Generikaherstellung hätten Kosten von drei Milliarden Euro verursacht. Ziel der Untersuchung sei es nicht gewesen, das Fehlverhalten von Unternehmen zu ahnden. "Aber wir werden jetzt unsere Erkenntnisse analysieren. Und wir werden nicht zögern, Kartellverfahren gegen Firmen einzuleiten, wenn es Hinweise für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht gibt", sagte Kroes.

Der Europäische Verband der Pharmaindustrie bezeichnet den Bericht der Kommission als "verpasste Gelegenheit". Es gebe keine Belege dafür, dass die Branche den Wettbewerb mit Generikaherstellern behindere. Bei starkem Marktanreiz seien wirkstoffgleiche Produkte vier Monate nach dem Originalprodukt auf dem Markt. Die Beantragung von Patentbündeln zum Schutz geistigen Eigentums sei zum Schutz erheblicher Investitionen "völlig berechtigt". Größere Einsparungen seien durch mehr Wettbewerb der Generika-Hersteller untereinander möglich. In dem Verband sind die nationalen Verbände und die großen forschenden Pharmaunternehmen vertreten. (imo/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false