zum Hauptinhalt
226554_0_3432157f

© dpa

Georgische Wirtschaft: Vertrauen zerstört

Der Krieg in Georgien verschreckt Investoren. Der jahrelange Aufschwung wurde von der Regierung mit drastischen Schritten vorangetrieben. Jetzt steht er auf Kippe.

Während unklar bleibt, wann sich die russischen Panzer wirklich aus Georgien zurückziehen, steht für viele Beobachter der Region schon fest, dass der Krieg deutliche Spuren in der Wirtschaft hinterlassen wird. Der Konflikt belastet das Vertrauen in die Stabilität des Landes, das ein Fünftel der Fläche von Deutschland hat, und in dem kaum mehr Menschen leben als im Großraum Berlin. Um 12,4 Prozent wuchs das Bruttoinlandsprodukt 2007. Heute gelten die vor dem Ausbruch des Krieges abgegebenen Prognosen von neun Prozent Wachstum für 2008 als überholt.

Deutsche Wirtschaftshelfer und Unternehmen hatten ihre Mitarbeiter sofort aus dem Land abgezogen, nachdem die russischen Kampfjets am vorvergangenen Freitag erste Bomben auf die Städte im Norden abwarfen. Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die KfW-Entwicklungsbank und das Bauunternehmen Heidelberg Cement beteuerten gegenüber dem Tagesspiegel zwar, dass man die Leute so schnell wie möglich zurückschicken wolle. Wann und wie, sei aber noch völlig unklar.

"Denkbar schlechtes Klima für Investoren"

"Wir haben jetzt eine sehr sensible und schwierige Situation, in der sich kaum abschätzen lässt, wie es weitergeht", sagt Reinhold Strauß, Länderbeauftragter für Georgien bei der KfW-Bankengruppe. "Das ist ein denkbar schlechtes Klima für ausländische Investoren." Die ehemalige Kreditanstalt für Wiederaufbau kam 1993 ins Land, kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Seither flossen mit ihr 270 Millionen Euro dorthin: 53 Prozent davon gingen in den Energiesektor. Die KfW finanzierte als einer der größten Geldgeber den Ausbau des maroden Stromnetzes. "Angeblich sind immerhin die Überlandleitungen unbeschädigt geblieben", sagt Strauß.

In den vergangenen Jahren hatte die KfW zunächst versucht, überhaupt die Strukturen als Basis für Investitionen zu schaffen: So bauten Mitarbeiter ein auf Geodaten basiertes Katastersystem auf, das Rechtssicherheit bei Grundstückskäufen bietet. 25 Millionen Euro kostete das Projekt. Zudem vergibt die KfW Mikrokredite über eine lokale Bank.

Große Fortschritte seit Rosenrevolution

Seit der Rosenrevolution im Jahr 2003, bei der Michail Saakaschwili den ehemaligen sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse als Staatschef ablöste, fährt die Regierung einen radikal marktliberalen Kurs: Beschlüsse wie die Einführung einer pauschalen Einkommensteuer von 25 Prozent bei gleichzeitiger Abschaffung fast aller Sozialabgaben und Einfuhrzölle brachten ihr Lob vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ein. "Es hatte sich wirklich vieles zum Positiven geändert: Die Korruption ging zurück, die innere Sicherheit stieg", sagt Frank Tibitanzl, Teamleiter der GTZ im Kaukasus. "Allerdings kommt der Aufschwung noch zu selten bei den kleinen Leuten an." Auch die Rechte für Arbeitnehmer wurden im Zuge der Reformen erheblich beschnitten, sagt Experte Tibitanzl.

Derweil lernen auch die Russen, dass der Krieg nicht nur menschliche Opfer fordert, sondern auch der eigenen Wirtschaft schadet. Während Finanzminister Alexej Kudrin vergangene Woche noch sagte, dass sich an den ökonomische Eckdaten wohl nichts ändern wird, gab er am Wochenende bekannt, dass ausländische Investoren seit dem 8. August sieben Milliarden US-Dollar abgezogen haben. Im gesamten vergangenen Jahr 2007 flossen 82 Milliarden Euro ins Land. Für 2008 rechne er mit weniger als 30 Millionen Dollar Kapitalzufluss, sagte Kudrin. Der russische Aktienmarkt sackte nun auf den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren.

Zur Startseite