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Auf Halbmast: Die Flaggen von Lufthansa und Germanwings auf dem Flughafen Leipzig/Halle

© dpa / Peter Endig

Germanwings-Unglück in Frankreich: Absturz trifft Lufthansa mitten im Umbau

"Ein schwarzer Tag für das Unternehmen" - das sagte Lufthansa-Chef Spohr nach dem Absturz des Germanwings-Flugs. Er drückte so sein Mitgefühl für die Betroffenen aus. Welchen wirtschaftlichen Schaden das Unglück für den Konzern haben wird, ist noch nicht abzusehen. Klar ist: Es trifft die Lufthansa in einer schwierigen Lage.

„Das ist ein schwarzer Tag für unser Unternehmen“. Lufthansa-Chef Carsten Spohr trat am Dienstagmittag sichtlich erschüttert am Frankfurter Flughafen vor die Kameras. Um in erster Linie sein Mitgefühl für die Familien der fast 150 Opfer des schrecklichen Unfalls des Germanwings-Airbus auszudrücken. Aber Spohr, selbst ausgebildeter Pilot, weiß auch, dass es ein schwarzer Tag auch deshalb ist, weil die Lufthansa gerade in einer ihrer schwierigsten Phasen ihrer Geschichte und in einem tiefgreifenden Umbau steckt. Und dabei spielt Germanwings eine zentrale Rolle.

Die 2002 gegründete Lufthansa-Tochter mit ihren aktuell knapp 90 Maschinen hat seit 2012 nach und nach den verlustreichen innerdeutschen und innereuropäischen Verkehr der Lufthansa übernommen, der nicht von den Drehkreuzen Frankfurt und München abgewickelt wird. Hauptflughäfen für die in Köln ansässige Lufthansa-Tochter sind Köln, Stuttgart und Hannover. Gleichzeitig hat die Lufthansa Germanwings als Antwort auf die Billigflieger-Konkurrenz von Ryanair oder Easyjet aufgestellt. Entsprechend günstige Tickets bietet Germanwings an.

Analysten halten sich bedeckt

Das Konzept trägt offenbar erste Früchte, wie Lufthansa-Chef Spohr erst vor wenigen Tagen auf der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt betonte hatte. 2015 werde man auf der Kurz- und Mittelstrecke mit Germanwings endlich wieder „eine schwarze Null schreiben“ und damit die Verlustzone verlassen. Allerdings sind die Tage der Germanwings auch schon wieder gezählt. Denn sie wird noch im Laufe des Jahres in die neue Eurowings aufgehen, die künftig für die Billig-Strategie der Lufthansa auf allen Strecken steht. Eurowings wird ab Herbst erste Verbindungen zu touristischen Langstrecken-Zielen etwa in der Karibik und nach Dubai anbieten, zu Preisen ab 229 und 99 Euro pro Strecke.

Wie für die klassische Lufthansa, die Spohr sukzessive zur Fünf-Sterne-Airline ausbauen will, lässt er keinen Zweifel daran, dass auch für German- und Eurowings Sicherheit oberste Maxime ist. Während die Kosten bei Germanwings etwa 20 Prozent unter denen von Lufthansa liegen, soll der Abstand bei Eurowings sogar 40 Prozent betragen, unter anderem weil konzernfremde Besatzungen engagiert werden.

Streiks haben bereits für Millionenverluste gesorgt

Analysten halten sich nach dem tragischen Unfall mit Einschätzungen über die wirtschaftlichen Folgen für die Lufthansa und Germanwings bedeckt, zumal die Ursache noch offen sei. Auch sie haben wie Händler an der Börse vor allem das menschliche Leid vor Augen. Massive Einbußen befürchten Experten aber nicht, die Buchungen bei Germanwings würden allenfalls für ein paar Tage zurückgehen. An der Börse brach der Aktienkurs der Lufthansa zunächst um acht Prozent ein. Am Nachmittag lag das Minus nur noch bei 1,8 Prozent.

Hauptversicherer von Germanwings ist dem Vernehmen nach die Allianz, so dass der reine wirtschaftliche Schaden abgedeckt sein dürfte. Gleichwohl trifft die Katastrophe Lufthansa wirtschaftlich in einer prekären Lage. 2015 flog sie nach deutscher Rechnungslegung einen Verlust von 732 Millionen Euro ein, die Dividende ist gestrichen. Die Eigenkapitalquote liegt bei nur noch 13 Prozent, die Nettoschulden haben sich auf 3,4 Milliarden Euro verdoppelt, die Pensionsverpflichtungen sind um 50 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro gestiegen. Insgesamt sollen sie sich sogar auf 15 Milliarden Euro summieren. Zum Vergleich: An der Börse wird die Lufthansa derzeit mit gerade mal gut sechs Milliarden Euro bewertet.

Dazu kommt der Dauerstreit mit den 5.400 Piloten um deren üppige Übergangsversorgung. Mittlerweile haben sie seit April 2014 fast 15 Mal die Arbeit niedergelegt und für einen Verlust von mittlerweile vermutlich mehr als 300 Millionen Euro gesorgt. Auch der Tarifkonflikt mit dem Bodenpersonal und den Flugbegleitern ist nicht gelöst.

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