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Wirtschaft: Gerster für weniger Arbeitslosengeld

Präsident der Bundesanstalt für Arbeit schaltet sich in Reformdebatte ein/Vollbeschäftigung ab 2010 möglich

Berlin (asi/ce). Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster, hat sich mit eigenen Vorschlägen in die Reformdebatte um den Arbeitsmarkt eingemischt. Teile des Kündigungsschutzes müssten verändert und das Arbeitslosengeld zeitlich begrenzt werden, forderte der SPDPolitiker am Mittwoch bei der Vorstellung seines Buches „Arbeit ist für alle da“. Noch in dieser Legislaturperiode müssten die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent sinken. Für den Monat Februar erwartet der Behördenchef erneut einen Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Die Zahl der Arbeitslosen werde „unerfreulich“ hoch sein, sagte Gerster. Er rechnet aber damit, dass sie deutlich unter fünf Millionen liegen werde. Im Januar war die Arbeitslosenzahl auf über 4,6 Millionen gewachsen. Experten fürchten, dass in diesem Monat über 4,8 Millionen Menschen ohne Job sein werden. Wahrscheinlich werde das Niveau aber schon im März wieder sinken. Gerster zeigte sich zuversichtlich, dass im kommenden Jahrzehnt Vollbeschäftigung mit einer Arbeitslosenquote unter fünf Prozent erreicht werden könne. Eine Halbierung sei aber kurzfristig nicht realistisch.

Auch angesichts der hohen Arbeitslosigkeit verteidigte Gerster die „einnahmenorientierte Ausgabenpolitik“ der Nürnberger Bundesanstalt. Er wolle nicht mehr alles nutzen, was der „Instrumentenkasten“ der BA hergebe, sondern alle Maßnahmen an den Ergebnissen messen. Gerster zeigte Verständnis für die Sorgen der neuen Bundesländer, die vor allem unter der strikteren Handhabung von Weiterbildungs-, Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen (ABM und SAM) leiden. Er verwies zugleich darauf, dass einer Stadt wie Chemnitz im vergangenen Jahr doppelt so viele Gelder zugestanden hätten wie dem westdeutschen Duisburg – auch wenn beide vergleichbar strukturschwach seien.

Der BA-Chef hat der Bundesregierung zugesagt, in diesem Jahr mit dem Haushalt von 53 Milliarden Euro auszukommen und nach Mölichkeit keinen zusätzlichen Bundeszuschuss zu verlangen.

In der umstrittenen Debatte um den Kündigungsschutz hat Gerster sich für „Teilreformen“ ausgesprochen. Die Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses, Betriebsgröße und Abfindungen könnten „Stellschrauben“ für Veränderungen sein. Ein „hire and fire“ nach amerikanischem Vorbild dürfe es aber in Deutschland nicht geben. Die Grünen wollen dagegen beim Kündigungsschutz ein Optionsmodell durchsetzen. Ein Konzept der Wirtschafts- und Arbeitsexperten der Fraktion sieht vor, dass Arbeitnehmer zwischen dem klassischen Kündigungsschutz und einer Abfindung wählen können.

Beim Umbau der Arbeitsämter werde es zu personellen Veränderungen kommen, räumte Gerster ein. Ohne Änderungen in der Leitungsebene sei der geplante radikale Umbau der Behörde gar nicht möglich. Einige „lebensältere Persönlichkeiten“ in den Landesarbeitsämtern würden vorzeitig in den Ruhestand gehen. „Das ist aber keine einmalige Aktion mit dem Besen“, stellte Gerster klar. In großer Zahl geschehe das einvernehmlich. Der BA-Chef sagte, der Umbau führe bei einigen Mitarbeitern zu Verunsicherung. In Zukunft sollen alle Landesarbeitsämter nach dem Modell der Zentrale in Nürnberg von einem dreiköpfigen Vorstand geführt werden, der für fünf Jahre eingestellt wird. Auf längere Sicht erwägt Gerster außerdem, einige Dienststellen abzuschaffen.

Der Leiter der Nürnberger Behörde kündigte am Mittwoch an, sich auch in Zukunft in die politische Debatte einzumischen. „Ich bin als politischer Kopf berufen worden“, sagte Gerster. Er wies jedoch zurück, dass es mit Arbeitsminister Wolfgang Clement zu einem Streit über seine Rolle als Behördenchef gekommen sei. Noch am Dienstagabend habe er „ein höchst harmonisches Gespräch“ mit Clement und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geführt. Auch Clement bestätigte, der BA-Chef genieße sein „uneingeschränktes Vertrauen“.

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