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Geschädigte Anleger: Göttinger Gruppe hat eine Milliarde versenkt

Über 250.000 Anleger sind um ihre Altersvorsorge gebracht worden - und es gibt kaum Hoffnung für sie, ihr Geld wiederzusehen.

Berlin - Von einem einzigartigen Fall in der deutschen Nachkriegsgeschichte ist die Rede, und die betroffenen Geldanleger dürften dieser Einschätzung nicht widersprechen. „Über 250 000 Anleger sind geschädigt und um ihre Altersvorsorge gebracht worden“, sagte Rolf Rattunde, ein Insolvenzverwalter der Göttinger Gruppe, am Donnerstag anlässlich der ersten Gläubigerversammlung vor dem Berliner Amtsgericht. 44 Anwälte, die insgesamt Forderungen von rund 70 Millionen Euro und einige tausend Anleger vertraten, waren zugegen. Doch die 70 Millionen sind nur ein Bruchteil des Gesamtschadens. „Ich gehe davon aus, dass die gesamten Anlagen der Göttinger Gruppe in Höhe von gut einer Milliarde Euro vollständig verloren sind“, sagte Rattunde.

Der Anwalt, Mitglied der Berliner Kanzlei Leonhardt Westhelle & Partner, ist Insolvenzverwalter der Holding-Gesellschaft-Göttinger-Gruppe KGaA mit knapp 93 000 Anlegern. Die übrigen Anleger waren mit stillen Einlagen an der operativen Hauptgesellschaft der Göttinger Gruppe, der Securenta AG, beteiligt. Insolvenzverwalter der Securenta ist der Hamburger Anwalt Peter Knöpfel.

Rattunde zufolge geht es mit der Göttinger Gruppe „seit Jahren bergab“. Die eine Milliarde Euro, die jetzt (den Anlegern) fehlen, sind seiner Einschätzung nach versickert in Firmenbeteiligungen und Immobilien sowie ausgegeben für rund 5000 Mitarbeiter im Vertrieb, die zum Teil „erhebliche Provisionen“ kassierten, wie Rattunde sagt. Ferner gab die Göttinger Gruppe reichlich Geld aus für Sponsoring und Marketing, darunter Musikfestivals mit Justus Frantz und Trikotwerbung beim VfB Stuttgart. Mit dem Geld der Anleger wurden ferner das Bankhaus Partin und der Fußballclub Tennis Borussia Berlin gekauft, beide sind inzwischen pleite. Bank und Tennis Borussia haben Rattunde zufolge einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet.

Nach Angaben der Anwälte basierte das Steuersparmodell der Göttinger Gruppe vor allem auf stillen Einlagen, Anleger konnten ihre Verluste steuerlich abschreiben. Allerdings, so Rattunde, könnten Finanzämter die Steuerersparnis der letzten Jahre jetzt zurückfordern. Die Finanzämter befürchteten derzeit ein Chaos, „da hunderttausend steuerliche Vorgänge über Jahre nicht bearbeitet wurden“. Eine weitere Gefahr droht Anlegern durch die aufgelaufenen Verluste, für die auch sie haftbar gemacht werden könnten. Rattunde sagt dazu, wenn die Anleger falsch beraten wurden und dies auch beweisen könnten, müssten sie nicht haften, sondern seien vielmehr als Gläubiger zu behandeln. alf

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