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In China Flagge zeigen. Auch über die Gesellschaftsform ihres „Ablegers“ müssen deutsche Firmen nachdenken.

© Kim Kyung-Hoon/Reuters

Geschäfte in China: Erfolgreich im Reich der Mitte: Das raten Experten

Wer in China Geschäfte machen will, braucht Geduld, Umgangsformen und passende Partner.

China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Waren im Wert von gut 170 Milliarden Euro werden jährlich zwischen der Bundesrepublik und der Volksrepublik transportiert. 5200 deutsche Firmen sind laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mit einem Werk, einer Dependance oder Niederlassung in China ansässig. Einfach ist das Geschäft für diese Betriebe vor Ort aber nicht immer. Vor allem kleine und mittelständische Firmen kämpfen mit Problemen.

Zu den größten Hürden gehören – so das Ergebnis einer Umfrage der deutschen Handelskammer in China – langsames Internet, fehlende Fachkräfte, Protektionismus und mangelnde Rechtssicherheit. Etwa jede zehnte im Riesenreich tätige deutsche Firma trägt sich demnach mit dem Gedanken, das Land wieder zu verlassen. Die am häufigsten genannten Gründe: zu hohe Kosten, zu wenig Absatz und zu geringer Gewinn. Die Unternehmen fordern, dass die Bundesregierung gegenüber Peking vor allem auf mehr Marktzugang und gerechtere Wettbewerbsbedingungen drängt. Doch auch die Betriebe selbst können mehr tun. Die Liste der Ratschläge, die Kammern, Verbände und fernöstliche Wirtschaftsberater geben, ist lang.

„Die Größe und die regionalen Unterschiede des Landes erfordern ein individuelles Vorgehen“, sagt Martin Bürger, Inhaber der Beratungsfirma Bürger SinoConsulting in der Berliner Friedrichstraße, und verpasst damit dem Wunsch nach pauschalen Lösungen für ein erfolgreiches Business in China einen Dämpfer. Vor dem Betreten eines Marktes im Reich der Mitte sei es nötig, diesen genau zu analysieren. Obi habe das wohl versäumt – sonst hätte das Unternehmen nicht sein Modell eines deutschen Heimwerkermarktes eins zu eins in die Volksrepublik übertragen. „Chinesen werkeln nicht in den eigenen vier Wänden, sie beauftragen lieber einen günstigen Handwerker“, erläutert Bürger. Nach fünf erfolglosen Jahren zog sich Obi aus China zurück.

„Schließt euch zusammen!“

Martin Bürger nennt einen weiteren Fehler, den deutsche Firmen häufig machen: „Sie unterschätzen die Schwierigkeiten, die eine internationale Organisation mit sich bringt: die Kommunikation über verschiedene Zeitzonen, Qualitätskontrollen aus der Ferne, die Zusammenarbeit in multikulturellen Teams.“ Aus- und Weiterbildung sowie teambildende Maßnahmen seien deswegen für eine Firmenkultur vonnöten, „in der sich sowohl die einheimischen als auch die deutschen Mitarbeiter wohlfühlen“.

Auch die Gesellschaftsform eines „China-Ablegers“ will gut gewählt sein. Mit einem sogenannten WFOE (Wholly Foreign-Owned Enterprise) beispielsweise – einer chinesischen GmbH mit 100 Prozent ausländischem Kapital – könne man Aufträge abwickeln, produzieren und Rechnungen stellen: „Diese Form erleichtert die Zusammenarbeit mit chinesischen Kunden, die Gründung ist jedoch mit großem Aufwand verbunden.“ Alternative Formen sind ein Joint Venture, das sowohl mit ausländischem als auch inländischem Kapital ausgestattet ist, oder eine Firmenrepräsentanz, die keine eigenständige Gesellschaft darstellt und deshalb lediglich für Geschäftsanbahnungen oder Kundenbetreuung geeignet ist.

Der Hamburger Unternehmensberater Kourosh Pourkian empfiehlt kleinen und mittelständischen deutschen Firmen im Chinageschäft: „Schließt euch zusammen!“ Wer im Team auftrete und schlüsselfertige Komplettpakete anbiete, halte gegenüber asiatischen Konkurrenten einen Trumpf in der Hand: „Wenn beispielsweise eine Lebensmittelfabrik aus einer Hand entwickelt und geliefert wird, erspart das dem Auftraggeber viel Arbeit und gibt ihm Sicherheit.“ Auf diese Weise könnten auch bisher weniger bekannte Betriebe, etwa aus dem Maschinen- und Anlagenbau, im Reich der Mitte Fuß fassen: „Deutsches Know-how und deutsche Produkte haben nicht nur in China, sondern auch in Indien, Pakistan und den zentralasiatischen Ländern einen exzellenten Ruf. Deshalb haben bundesrepublikanische Mittelständler hier immer gute Karten, vor allem, wenn hohe regulative Standards und technologische Ansprüche vorliegen“, betont der Stratege Pourkian.

Ohne Firmenstempel geht gar nichts

Neben solchen „harten“ Faktoren entscheiden auch kulturelle und zwischenmenschliche Aspekte über Erfolg oder Misserfolg. „Geduld ist wichtig“, weiß Helmut Naujoks. Der Präsident der deutschen Sektion der im Herbst gegründeten und von China mitfinanzierten World Public Diplomacy Organization ist regelmäßig zehn- bis zwölfmal im Jahr im Reich der Mitte. „Ich empfehle deutschen Unternehmern, immer wieder das Gespräch zu suchen. Es gehört zum Arbeitsstil der Chinesen, bedächtig vorzugehen. Ungeduld von deutscher Seite ist nicht hilfreich, im Gegenteil.“ Naujoks kennt die Situation: Chinesen sind höflich, laden potenzielle Geschäftspartner ein, beschenken sie. „Das sagt aber nichts aus über einen möglichen Deal“, erklärt der Chinakenner. „Es kann sogar sein, dass man nie wieder etwas von dem chinesischen Gegenüber hört.“

Auch vermeintlich unwichtige Äußerlichkeiten haben im Land des Lächelns hohen Stellenwert. So kommt dem Firmenstempel eine herausragende Rolle zu. „Selbst ein Dokument mit Unterschrift hat ohne Stempel keine rechtliche Bedeutung“, stellt Naujoks klar. „Keine Behörde gibt bei Vorlage eines solchen Schriftstückes Auskunft.“ Ähnlich wichtig ist die Visitenkarte. Sie gilt als „Schlüssel zum Asiengeschäft“. Empfehlenswert ist eine zweisprachige Karte in Englisch und Chinesisch. Eine Todsünde in Fernost ist es, wenn man die Visitenkarte seines Gesprächspartners nimmt, ohne sie aufmerksam zu lesen, und dann noch in die Gesäßtasche steckt. „Denn dann“, so Naujoks, „setzt man sich – so empfindet es der Chinese – mit dem Hintern aufs Gesicht seines Gegenübers.“

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