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Geschäftsidee: Die Bildschirm-Apotheke

Ein Unternehmer aus Hessen verkauft Medikamente per Video. Den Service soll es bald deutschlandweit geben – auch in großen Unternehmen. Die Apotheker sind skeptisch.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Eine viereckige Kabine mit Bildschirm und Sitzgelegenheit, vier Quadratmeter groß. Ein Passfotoautomat? Nein, hier gibt es keine Schnappschüsse, hier gibt es Medikamente vom Apotheker. Wer Rat sucht, drückt eine Klingel an der rechten Wand. Kurz darauf erscheint eine Apothekerin im weißen Kittel auf dem Bildschirm – in Lebensgröße und bester Bildqualität. Sie fragt nach den Wünschen des Kunden, wie in einer echten Apotheke, nur eben per Video.

Cobox nennt Erfinder Ulrich Baudisch seine Videoapotheke. Sie soll künftig überall dort stehen, wo sonst keine Apothekenfiliale in der Nähe ist – in kleinen Orten auf dem Land, in Ärztehäusern oder großen Unternehmen. Die Videoapotheke sei eine „weitere Form der Filialisierung“, sagte Baudisch. Nicht überall rechne sich für Apotheker die Errichtung einer eigenen Filiale. Deshalb könne die Video-Variante helfen, die Verbraucher dennoch pharmazeutisch zu beraten und mit Medikamenten zu versorgen.

Bislang gibt es in Hessen elf dieser Videoapotheken. Jetzt will Baudisch in den übrigen Bundesländern expandieren. „Unser Ziel ist es, in jedem Landkreis Deutschlands eine Apotheke zu finden, die hinter dem Konzept der Videoapotheke steht“, sagte Baudisch. Und das gelte nicht nur für schwach besiedelte Gebiete, in denen die nächste Apotheke einige Kilometer entfernt ist, sondern auch für Großstädte wie Berlin. Ronald Clasen, dem die Sanimedius-Apotheken gehören, will hier der Erste sein und Videoapotheken in Unternehmen aufstellen. Dort könnten dann „die gestressten Mitarbeiter ihre Medikamente schnell in der Mittagspause bestellen“. Die Arzeimittel bringt dann ein Bote ins Büro oder die Post direkt nach Hause.

Doch nicht alle sind von Baudischs Idee begeistert. Kritik kommt zum Beispiel von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). „Nach unseren Erkenntnissen gibt es eine flächendeckende Versorgung mit Apotheken in Deutschland, in der Stadt genauso wie auf dem Land“, sagte Christian Splett vom ABDA dem Tagesspiegel. Bedarf für Videoapotheken sieht er aktuell nicht. Außerdem sei er skeptisch, wenn visuelle Technik den menschlichen Kontakt ersetze.

Gesetzlich sind die Videoapotheken unproblematisch. Um eine zu eröffnen, braucht der Apotheker lediglich eine Versandhandelserlaubnis. Aber selbst das könnte bald wegfallen, falls die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung in der geplanten Version durchkommt. Von Baudisch können Apotheker die virtuelle Filiale für 100 000 Euro kaufen oder für 1600 Euro im Monat leasen.

Auch Rezepte nimmt der Apotheker in der Box an. Diese schieben Kunden einfach in einen kleinen Schlitz vor dem Bildschirm. Mit einem leisen Summen wird das Papier dann eingezogen und gescannt, kurz darauf sieht der Apotheker es auf seinem Bildschirm. Per EC-Karte bezahlt der Kunde schließlich seine Bestellung.

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