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Stressabbau. Die spanische Hotelkette NH Hotels setzt auf „Punchtoys“, bei denen man sich auch den Chef vorstellen kann.

© dpa

Gesunde Firmenstrategie: IG Metall kritisiert Arbeitsschutz von Unternehmen

Angeblich kümmern sich Unternehmen immer mehr um die Belegschaft. Die IG Metall glaubt das nicht - und fordert die Politik zum Handeln auf.

Man kann es sich auch ganz einfach machen und stolz auf die Effekte der Arbeitszeitverkürzung in der Branche hinweisen. In der Metall- und Elektroindustrie, mit 3,7 Millionen Beschäftigten der mit Abstand größte Industriebereich hierzulande, „verbringen Arbeitnehmer rund 82 Prozent des Jahres außerhalb des Betriebs“. Das schreibt der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und schlussfolgert, dass die Ursachen für psychischen Stress häufig im privaten Bereich liegen. „Die pauschale Behauptung, dass Arbeit an sich krank macht, geht völlig an der Realität vorbei.“ Die Arbeitgeber reagierten auf aktuelle Umfrageergebnisse, die Forsa bei einer Befragung von gut 1000 Beschäftigten ermittelt hat. Danach kommt jeder Vierte im Job häufig an die Grenzen seiner körperlichen und seelischen Belastbarkeit. 88 Prozent der Arbeitnehmer wünschen sich einen aktiven Arbeitgeber, der seine Belegschaft „vor zu hohem Leistungsdruck und gesundheitsschädigendem Stress“ schützt.

Die Umfrage in Auftrag gegeben hatte die IG Metall, die am Dienstag und Mittwoch einen Anti-Stress-Kongress in Berlin veranstaltete und ihre Forderung nach einer Anti-Stress-Verordnung bekräftigte. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) solle „ihren warmen Worten wenigsten ein einziges Mal konkrete Taten folgen lassen“, meinte IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. Das bestehende Arbeitsschutzrecht reiche nicht aus. Die IG Metall will, ähnlich wie die SPD, die Firmen stärker bei der Betreuung und Re-Integration von Langzeitkranken in die Pflicht nehmen. Ein Punkt dabei ist die Verlängerung der Lohnfortzahlung.

Nach Einschätzung von Gesamtmetall und den Arbeitgeberverbänden insgesamt ist das nicht erforderlich, weil die Firmen selbst ein großes Interesse an geringen Fehlzeiten und somit an der Gesundheit ihrer Leute hätten. Das scheint das Forschungsinstitut EuPD Research zu bestätigen, das gemeinsam mit Tüv Süd am Dienstag ein „Corporate Health Jahrbuch“ vorlegte. „Gesundheitsförderung ist kein Nebenthema mehr, sondern wird zunehmend Teil der Unternehmensstrategie“, sagte Oliver-Timo Henssler, Geschäftsführer von EuPD. So hätten inzwischen 85 Prozent der für das Jahrbuch befragten Firmen ein Gesundheitsmanagement. Gleichzeitig jedoch nehmen die Fehlzeiten aufgrund psychischer Belastungen permanent zu. Angeblich 70 Prozent der Firmen stellen sich darauf mit Beratungen und Entspannungskursen ein. Und mit anderen Umgangsformen. „Schulungen zum gesunden Führen finden zunehmend Eingang in die Führungskräfteentwicklung und die Führungsziele“, heißt es im Gesundheitsreport des Bonner Instituts EuPD. Zu den effizientesten betrieblichen Vorsorgemaßnahmen gehören eine ordentliche Kantine, kostenlose Getränkeversorgung und Räumlichkeiten für Fitnessübungen.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will mit einem neu eingebrachten Gesetzentwurf zur Förderung der Prävention gesundheitsbewusstes Verhalten unterstützen. „Einen Schwerpunkt setzen wir in der betrieblichen Gesundheitsförderung: Auch in diesem Bereich sollen die Krankenkassen ihre Ausgaben verdreifachen“, sagte Bahr der Deutschen Presseagentur. Finanzielle Anreize für Unternehmen und Beschäftigte, die an Projekten der betrieblichen Gesundheitsförderung teilnehmen, sollen ausgebaut werden.

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums München haben unterdessen festgestellt, dass eine Dauer-Belastung im Job sich negativ auf Herz-Kreislauf-System und Stoffwechsel auswirken kann. Stress führe zu einer Entzündungsreaktion im Körper, die unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen könne, hieß es in einer Mitteilung des Zentrums vom Dienstag.

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