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Gesundheit: Transparency: Milliarden-Schäden durch Korruption

Durch Korruption gehen im Gesundheitswesen nach Einschätzung von Transparency International jährlich Milliardensummen verloren. Transparency fordert harte Strafen bis hin zu Berufsverboten für korrupte Ärzte und Funktionäre.

Berlin - Abrechnungsbetrug und Einflussnahme der Pharmaindustrie gehörten laut Transparency International in Deutschland zum Alltag. Forscher fälschten gegen Bezahlung Studien, Kriminelle handelten im großen Stil mit Versichertenkarten und Medikamenten. Den Schaden schätzte die Organisation, die weltweit gegen Betrug in Staat und Gesellschaft kämpft, am Dienstag in Berlin auf 8 bis 24 Milliarden Euro.

Transparency forderte eine härtere Strafverfolgung bis hin zu Berufsverboten für korrupte Ärzte und Verbandsfunktionäre. Fälschungssichere Verpackungen könnten den illegalen Handel mit Arzneimitteln eindämmen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wies die Darstellung zurück. «Das sind alles nur Behauptungen, es fehlen die harten Fakten», sagte KBV-Sprecher Roland Stahl der dpa. Bei den niedergelassenen Ärzten würden in einem «sehr professionellen Prüfgeschäft» jährlich 700 Millionen Abrechnungen kontrolliert.

Transparency bemängelt dagegen im «Jahrbuch Korruption 2006», Deutschland habe nach den USA und der Schweiz das drittteuerste Gesundheitssystem der Welt, liege bei den Leistungen für die Bürger aber nur im Mittelfeld. Dies sei ein Indiz dafür, dass Milliarden durch Misswirtschaft und Betrug verschwendet würden.

Statt diese Strukturprobleme anzupacken, setze die Bundesregierung mit der geplanten Gesundheitsreform auf höhere Kosten für die Versicherten. «Es ist genug Geld im System. Die Politik muss nur entschieden die Einfallstore gegen Korruption schließen», sagte die Transparency-Gesundheitsexpertin Gabriele Bojunga.

Dazu zählten «der Wildwuchs und die Funktionärsherrschaft» in der Gesundheitsverwaltung. Netzwerke in kassenärztlichen Vereinigungen und Berufsverbänden würden bislang kaum wirksam kontrolliert. Transparency schlug vor, Verbandsfunktionäre und Wissenschaftler künftig als Amtsträger nach Beamtenrecht strafrechtlich zu belangen.

Das Bundesgesundheitsministerium verwies in einer Reaktion auf die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten. «Es wird schon an vielen Stellen geprüft und zugefasst», sagte eine Sprecherin.

Transparency warnt in dem Korruptionsreport auch vor einem angeblich zunehmenden Einfluss der Pharmaindustrie auf Ärzte und Forscher. Die meisten Ärzte in Deutschland seien zwar nicht bestechlich. «Leider beobachten wir jedoch einen Trend, dass mit der zunehmenden wirtschaftlichen Schieflage vieler Praxen die Anfälligkeit für korruptives Verhalten zunimmt.» (tso/dpa)

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