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Gesundheitssystem: Krankenhäuser fürchten um ihre Existenz

Die Krankenhäuser schlagen Alarm: Immer mehr Kliniken sind aus Geldmangel von der Schließung bedroht. Eine neue Studie sagt für 2008 eine Finanzierungslücke von bis zu 2,2 Milliarden Euro voraus.

Berlin - Dieses Defizit entspreche dem Finanzierungsbedarf von 40 000 Klinikärzten oder etwa 60 000 Pflegekräften, teilte die Deutsche Krankenhausgesellschaft am Donnerstag in Berlin mit. Sie bezog sich dabei auf ein Auftragsgutachten, das das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsförderung (RWI) zusammen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO erstellt hatte.

Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe warnte vor den Folgen für Patienten: „Die Krankenhäuser bluten aus, wenn jetzt nicht endlich die Patientenversorgung zum Maßstab der Dinge gemacht wird.“ Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund forderte ein Sofortprogramm der Bundesregierung.

Krankenhauskosten verschlingen gut ein Drittel des Budgets der gesetzlichen Krankenkassen von rund 150 Milliarden Euro. Sie sind der größte Ausgabenblock – nach den Medikamenten. In Deutschland gibt es derzeit rund 2100 Krankenhäuser – 300 weniger als noch 1990. Um den Kostenanstieg in den Kliniken zu bremsen, dürfen ihre Ausgaben ein bestimmtes Budget nicht überschreiten. Der Kostendruck wächst auch dadurch, dass die Kliniken im Zuge der Gesundheitsreform verpflichtet worden sind, einen so genannten Sanierungsbeitrag von rund 300 Millionen Euro pro Jahr an die Krankenkassen zu zahlen.

Das Bundesgesundheitsministerium lehnt die von Kliniken und Ärzten geforderten Änderungen ab. „Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gilt für alle“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums dem Tagesspiegel. Alle müssten ihre Effizienzreserven ausschöpfen, auch die Krankenhäuser. Die Versicherten leisteten ihren Beitrag bereits seit 2004 über die fälligen Zuzahlungen. Im Übrigen sei die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser noch nie so gut gewesen wie jetzt, sagte die Sprecherin. 55,3 Prozent der Häuser schrieben schwarze Zahlen, bei knapp 15 Prozent von ihnen sei der Haushalt zumindest ausgeglichen, nur 28 Prozent wiesen einen Fehlbetrag aus.

Das RWI-Gutachten, auf das sich der Deutsche Krankenhausverband beruft, zeigt dagegen eine düstere Prognose auf. Das Institut berechnet ein Defizit von 2,2 Milliarden Euro für das laufende und von drei Milliarden Euro für das kommende Jahr. Das gelte allerdings nur für den Fall, dass sich die Ärztegewerkschaft Marburger Bund mit ihrer Tarifforderung von Plus 10,19 Prozent für den ärztlichen Dienst und die Gewerkschaft Verdi mit der Forderung von acht Prozent mehr für den nicht-ärztlichen Dienst durchsetze. Sollten dagegen die Arbeitgeber ihr Angebot von fünf Prozent durchdrücken, werde die Finanzierungslücke der Kliniken in diesem Jahr bei 1,3 Milliarden Euro und 2009 bei 1,5 Milliarden Euro liegen, so das RWI.

Die Unterfinanzierung müsse gestoppt werden, forderte Georg Baum, Geschäftsführer des Krankenhausverbandes. Schon jetzt leide die Versorgung. „Patienten klagen längst über längere Wartezeiten, weniger Zuwendung und belastetes Personal“, sagte Baum. Der Verbandsvertreter forderte die Politik auf, den Sanierungsbeitrag der Kliniken zu streichen. Die Finanzierungsnot treffe zudem besonders Krankenhäuser in unterversorgten Regionen, die dort unverzichtbar seien und um ihre Existenz kämpften.

Maren Peters

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