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Wirtschaft: Gewerkschaft droht Telekom

Verdi fordert Entgegenkommen beim angekündigten Abbau von 32 000 Stellen / Konflikt muss in drei Wochen gelöst sein

Berlin - Die Gewerkschaft Verdi fordert „ein deutliches Entgegenkommen“ der Telekom beim angekündigten Stellenabbau und schließt auch Streiks nicht aus. Entscheidend sei der morgige Dienstag, wenn die Arbeitnehmervertreter erneut mit der Konzernleitung zu Gesprächen über die geplante Streichung von 32000 Arbeitsplätzen in den kommenden drei Jahren zusammenkommen. „Das ist ein neuralgisches Datum“, sagte Lothar Schröder vom Fachbereich Telekommunikation der Verdi-Bundesverwaltung dem Tagesspiegel. „Dann entscheiden wir, wie weit wir unsere Proteste zuspitzen.“ Nötig sei ein klares Signal der Konzernführung. „Anderenfalls werden wir alle uns zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen.“

Nach Schröders Angaben haben sich in den vergangenen Wochen bundesweit bereits mehr als 20000 Telekom-Beschäftigte an Protestveranstaltungen beteiligt.

Die Telekom hatte Anfang des Monats angekündigt, die 32 000 Stellen bis Ende 2008 abbauen zu wollen. 20000 davon sollen allein beim Festnetzanbieter T- Com wegfallen. Im Jahr 2004 hatte die Telekom mit Verdi einen Beschäftigungspakt geschlossen, der einen weiteren Arbeitsplatzabbau bis Ende 2005 ausschließt und ihn 2006 nur in Ausnahmefällen zulässt (siehe Kasten). Betriebsbedingte Kündigungen hat die Telekom darüber hinaus bis Ende des Jahres 2008 ausgeschlossen. Dafür hatten die Beschäftigten bei reduzierter Arbeitszeit auf Lohn verzichtet.

„Jetzt sind die Mitarbeiter sauer“, sagte Verdi-Mann Schröder. „Da tobt alles in der Telekom. Die Beschäftigten können nicht verstehen, dass sie zuerst Opfer bringen mussten und nun alles umsonst gewesen sein soll.“ Hinzukomme, dass die Telekom so glänzend dastehe. Im gerade abgelaufenen dritten Quartal lag der Konzernüberschuss, wenn man Sondereffekte außer Acht lässt, bei 3,4 Milliarden Euro. „Diese Logik versteht niemand“, sagte Schröder. „Kein deutsches Unternehmen ist so gesund und hat zugleich so rigide Personalabbaupläne. Da kommt selbst Herr Ackermann von der Deutschen Bank nicht mit.“

Die Telekom begründet ihre Pläne damit, dass sie sich fit für die Zukunft machen muss. Derzeit verliert sie jeden Monat allein im Festnetzgeschäft 100000 Kunden – und der Wettbewerb nimmt an Schärfe weiter zu. Dafür will sich die Telekom wappnen. Für seine Wachstumsstrategie wird der Konzern im kommenden Jahr voraussichtlich ein Viertel mehr Geld für Investitionen in die Hand nehmen als 2005. Das kündigte Telekom- Chef Kai-Uwe Ricke am Freitag auf einer Investorenkonferenz an. Im laufenden Jahr plant die Telekom mit Investitionen in Höhe von 7,5 bis acht Milliarden Euro. „Wir wollen investieren, um das Wachstum zu forcieren“, sagte Ricke. 2006 will der Konzern unter anderem 1,2 Milliarden Euro zusätzlich in Werbung, neue Produkte und Tarife stecken, um neue Kunden zu gewinnen.

„Beim Personal sparen und damit den Kunden besser erreichen, diese Rechnung kann nicht aufgehen“, sagte dagegen Verdi-Mann Schröder. Da die Telekom bis Ende 2008 nicht betriebsbedingt kündigen kann, muss der Abbau über freiwillige Instrumente laufen – wie etwa Angebote zur Altersteilzeit oder Abfindungen sowie Vorruhestandsregelungen. Dafür will die Telekom insgesamt 3,3 Milliarden Euro bereitstellen.

Verdi geht mit einer Reihe von Forderungen in die Gespräche: Unter anderem will die Gewerkschaft erreichen, dass die Telekom, statt Personal abzubauen, ihren Service ausbaut und Innovationen vorantreibt. Dafür soll die Telekom mehr Leute einsetzen. Auch soll der Konzern, statt Aufträge an Fremdfirmen zu vergeben, interne Arbeitskräfte mit den Aufgaben betrauen. Zudem will Verdi erreichen, dass Beschäftigte, die derzeit noch keinen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen genießen, diesen erhalten und dass der Schutz von T-Com-Mitarbeitern über 2008 hinaus verlängert wird.

Für eine Einigung mit Verdi und dem Betriebsrat bleibt der Telekom nicht viel Zeit: Am 12. Dezember will die Telekom dem Aufsichtsrat ihre Mittelfristplanung vorlegen. Bis dahin müssen die Personalpläne stehen. Corinna Visser

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