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Umstrittene Tarifverträge bei einer Tochter der Charité.

© dapd

Gewerkschaften bieten Gefälligkeitstarifverträge an: Streit um Tarifverträge bei Charité-Tochter

Bei einer gemeinsamen Firma der Charité mit dem DRK gelten auch Verträge mit christlichen Gewerkschaften. Das führt dazu, dass Mitarbeiter unterschiedlich entlohnt werden. Diese Gewerkschaften sind umstritten.

In Berlin droht ein Streit um Tarifverträge einer Tochterfirma der Charité. Die landeseigene Universitätsklinik hat kürzlich mit dem Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) das Zentrum für Transfusionsmedizin und Zelltherapie Berlin (ZTB) gegründet. Die meisten der 90 Mitarbeiter werden nach Charité-Tarifverträgen mit den Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund bezahlt.

Wer aber künftig neu bei der ZTB anfängt, könnte wie viele DRK-Mitarbeiter unter einen Tarifvertrag mit DHV und Medsonet fallen, die Verbände gehören zum Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB).

Juristen und Sozialpolitiker bezeichnen einzelne CGB-Verbände als „gelbe Gewerkschaften“, weil sie in Betrieben wenig verankert seien und sogenannte Gefälligkeitstarifverträge anböten. Arbeitgeber hatten immer wieder Verträge mit christlichen Kleingewerkschaften abgeschlossen, wenn diese etwa niedrigere Löhne verlangten als Verbände wie Verdi.

Ein Sprecher von Medsonet wies die Vorwürfe zurück und sagte, noch sei der schon beim Blutspendedienst des DRK erprobte Tarifvertrag wirksam. Er war 2010 durch das Landesarbeitsgericht Hamburg – wo Medsonet ihren Sitz hat – für vorerst unwirksam erklärt worden. Dagegen wurden aber Rechtsmittel eingelegt. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts wird 2013 erwartet. In den vergangenen Jahren wurde einigen christlichen Verbänden der Status als Gewerkschaft aberkannt, weil ihre „soziale Mächtigkeit“ und organisatorische Unabhängigkeit zu wenig ausgeprägt sei.

Der Personalrat der Charité fordert die Klinikleitung auf, auf solche Tarifverträge zu verzichten. Der Gesundheitsexperte der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers, verlangt im Parlament von Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nun Auskunft. Scheeres ist Aufsichtsratsvorsitzende der Charité, kommentierte das Tarifwerk am Dienstag aber nicht. Berlin hatte unter der früheren Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linke) als erstes Bundesland die Tariffähigkeit einer christlichen Gewerkschaft angezweifelt – und 2010 vor dem Bundesarbeitsgericht damit Recht bekommen. Die Senatsinitiative galt als politisch wegweisend.

Charité und DRK erklärten, die Bruttostundenlöhne der ZTB-Mitarbeiter lägen über der Mindesthöhe von 8,50 Euro, die in Berlin für Beschäftigte in Landesbeteiligungen gilt. Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt, der Staat darf sich nicht in Verhandlungen zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern einmischen: Ein Gesetz, wonach Verträge mit bestimmten Gewerkschaften untersagt wären, gibt es nicht.

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