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Wirtschaft: Gewerkschaften wehren sich gegen Arbeitspflicht

Arbeitslose sollen künftig auch Jobs unter ihrer Qualifikation annehmen – sonst will die Regierung Leistungen kürzen

Berlin (ce). Pläne der Bundesregierung, eine Jobpflicht für Arbeitslose einzuführen, sind bei den Gewerkschaften auf scharfen Protest gestoßen. RotGrün scheine beim Umbau der Arbeitslosenversicherung „jedes Augenmaß zu verlieren“, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Ursula Engelen- Kefer. Wer den Arbeitslosen die Daumenschrauben enger ziehen wolle, mache „die Opfer der Beschäftigungskrise zum Sündenbock“, sagte die DGB-Vize am Mittwoch. Der Ausschussvorsitzende für Wirtschaft und Arbeit, Rainer Wend, verteidigte die Regierungspläne gegenüber dem Tagesspiegel als „schlüssig und vernünftig“.

In den Koalitionsfraktionen gibt es Überlegungen, Arbeitslose nach einem Jahr dazu zu zwingen, jedes Jobangebot anzunehmen. Wer das in Zukunft verweigere, bekomme die Arbeitslosenhilfe gekürzt oder komplett gestrichen. „Im Extremfall muss dann ein Akademiker als Müllfahrer arbeiten“, hieß es am Mittwoch in Koalitionskreisen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte bereits in seiner Regierungserklärung am Freitag angekündigt, er wolle die so genannten Zumutbarkeitskriterien weiter verschärfen. Die legen fest, welche Bezahlung, welche Entfernung zum Job und welches Qualifikationsniveau ein Arbeitsloser bei einer angebotenen Stelle akzeptieren muss.

Wer einen Arbeitsplatz mit deutlich geringerer Bezahlung akzeptiere, solle aber zumindest seine alten Arbeitslosenhilfe-Ansprüche für den Fall der erneuten Arbeitslosigkeit behalten, forderte der SPD-Politiker Wend. Das würde den Anreiz erhöhen, einen vom Arbeitsamt angebotenen Job auch tatsächlich anzunehmen.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), der mit den Reformplänen beauftragt ist, setzt sich vor allem dafür ein, eine Beschäftigungspflicht für junge Menschen unter 25 Jahren einzuführen. Derzeit sind rund 580 000 Jugendliche arbeitslos gemeldet, Clement will die Zahl auf Null reduzieren. Voraussetzung für die Umsetzung der Arbeitspflicht ist allerdings, dass die Unternehmen genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen – oder aber in den Kommunen ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind. Solche Programme kosteten viel Geld, weil die Jugendlichen intensiv begleitet werden müssten, verlautete aus Koalitionskreisen.

SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler verspricht sich von einer solchen Neuregelung, „dass Arbeit, die bisher als unzumutbar abgelehnt wurde, künftig getan wird“. Einen Rechtsanspruch auf die aus Steuern finanzierte Arbeitslosenhilfe, die schließlich nur eine Form der Sozialhilfe des Bundes sei, gebe es ohnehin nicht, sagte er der „Berliner Zeitung“.

Im Bundestag kündigte Gerhard Schröder an, er werde seine Reformvorschläge „Punkt für Punkt umsetzen“. Er warnte die Opposition vor einer Blockade und rief dazu auf, einzelne Schritte des Programms auch dann mitzutragen, wenn sie als nicht weitgehend genug angesehen würden. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering räumte ein, dass seiner Partei die Einschnitte etwa beim Arbeitslosengeld nicht leicht fielen. Die geplanten Maßnahmen seien jedoch „vertretbar“ und würden auch so beschlossen. Schröder hatte angekündigt, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf von derzeit bis zu 32 Monaten auf 12 bis 18 Monate begrenzen zu wollen.

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