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Wirtschaft: Gewerkschafter bekräftigen Ablehnung des Niedriglohnsektors

DÜSSELDORF (wmu/HB).Die Gewerkschaften zeigen weiterhin keine Bereitschaft, sich auf eine Deregulierung des Arbeitsmarktes einzulassen.

DÜSSELDORF (wmu/HB).Die Gewerkschaften zeigen weiterhin keine Bereitschaft, sich auf eine Deregulierung des Arbeitsmarktes einzulassen.Vor allem das bestehende Tarifgefüge wollen sie möglichst unangetastet lassen, ungeachtet schädlicher Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.Auch eine Öffnung des Arbeitsmarktes zugunsten des Niedriglohnsektors wird weiterhin rundweg abgelehnt.Dies wurde am Dienstag in Düsseldorf auf einer tarifpolitischen Tagung jener fünf Gewerkschaften deutlich, die sich zur neuen Dienstleistungsgewerkschaft zusammenschließen wollen.

Wolfgang Streeck, Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und Mitglied der Benchmarking-Gruppe im Bündnis für Arbeit, warb zwar für die Zulassung eines Niedriglohnsegments und erinnerte die Gewerkschafter: "Es gibt in Deutschland schon jetzt einen real existierenden Niedriglohnbereich, in dem sich gut vier Millionen Arbeitslose, eine Million Geförderte durch Arbeitsmarktmaßnahmen und zwei Millionen Stille Reserve aufhalten".Das gelte es zu ändern.Die Gewerkschaften nähmen diese Art von Niedriglohnsektor leider oft nicht hinreichend zur Kenntnis und verstünden sich zu wenig als Anwälte der Arbeitslosen.

Streeck verteidigte den Vorschlag der Benchmarking-Gruppe, einen Freibetrag bei den Sozialabgaben auf niedrig entlohnte Arbeit einzuführen.Es handele sich nicht um eine Subvention des Niedriglohnsegments, sondern um eine Abgabenentlastung derjenigen, die sonst im Arbeitsmarkt keine Chance hätten.Die Freibetragsregelung in Analogie zum Steuerrecht sei keineswegs exotisch, sondern stehe in Einklang mit den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU, die eine Entlastung der Lohnzusatzkosten speziell im Niedriglohnsegment fordere.

Diese Forderung sei berechtigt, da für die meisten personenbezogenen Dienstleistungen gelte:Je höher die Sozialabgabenquote, desto geringer die Beschäftigungsquote.Niemand könne ernsthaft bestreiten, daß die Dienstleistungslücke speziell in Deutschland auf den unterentwickelten Niedriglohnbereich zurückzuführen sei.

Finanzieren will Streeck sein Modell aus dem Steueraufkommen der zweiten Stufe der Ökosteuer.Die von den Gewerkschaften vertretene Forderung, zum Abbau der Arbeitslosigkeit die aktive Beschäftigungspolitik weiter auszubauen, lehnte Streeck ab.Deutschland brauche mehr Beschäftigung und nicht mehr Verwaltung von Arbeitslosigkeit.

Die Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaften waren anderer Meinung.Peter Blechschmidt, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der Gewerkschaft ÖTV, bestritt rundweg, daß die Ausweitung des Niedriglohnsegments zu mehr Beschäftigung führt.Entsprechende Forderungen seien ausschließlich "interessengeleitet".Die Dienstleistungslücke etwa gegenüber den USA werde überschätzt.Die Subventionierung des Niedriglohnsektors würde in großem Umfang zu Verdrängungs- und Mitnahmeeffekten führen.Es sei irrealistisch, in diesem Bereich ein Beschäftigungspotential von etwa drei Millionen Personen zu vermuten.

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