zum Hauptinhalt
Lohnlücke. Frauen erhalten im Schnitt deutlich weniger Geld als Männer.

© imago/Westend61

Gewerkschaftsstudie: Gesetz zur Lohngleichheit wirkt nicht

Ein Jahr nach der Einführung wird das Entgelttransparenzgesetz kaum angewendet. Daran sind nicht nur die Unternehmen Schuld.

Das Gesetz, das mehr Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern schaffen sollte, zeigt in der Praxis keine Wirkung. In zwei Dritteln aller Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten wurden in den vergangenen zwölf Monaten keinerlei Maßnahmen für mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit ergriffen. Das ist zumindest das Ergebnis einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung. Die Autoren schreiben: Das Gesetz zeige bisher „keine spürbaren Effekte.“

Das Entgelttransparenzgesetz gilt vollständig seit dem 6. Januar 2018. Seitdem müssen Arbeitgeber mit mehr als 200 Beschäftigten ihren Mitarbeitern auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden. Und, fast noch wichtiger: er oder sie kann nachfragen, wie viel die Kollegen des anderen Geschlechts mit einem vergleichbaren Job im Durchschnitt verdienen. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen darüber hinaus regelmäßig überprüfen, wie es um die Gehaltsgleichheit im Unternehmen steht – und dazu einen Bericht erstellen.

Zum Zeitpunkt der WSI-Befragung, sieben bis zehn Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, sei in nur zwölf Prozent der Unternehmen mit Betriebsräten die Geschäftsführung von sich aus aktiv geworden. „Offenbar fühlte sich nur ein kleiner Teil der Betriebe von der Aufforderung angesprochen, im Betrieb für Entgeltgleichheit zu sorgen“, sagen die Autoren. Den größten Erfolg hat das Gesetz anscheinend in Informations- und Kommunikationsunternehmen sowie in der Finanz- und Versicherungsbranche. Dort haben immerhin 28 Prozent der Betriebe auf das Gesetz reagiert. Firmen unternehmen auch mehr, wenn sie eine überdurchschnittlich junge Belegschaft haben.

Forderung nach spürbaren Sanktionen

Doch auch die Beschäftigten selbst zögern der Studie zufolge noch: In 13 Prozent der mittelgroßen Betriebe hat sich mindestens ein Mitarbeiter an den Betriebsrat gewandt, um das Gehalt überprüfen zu lassen. Bei den großen Unternehmen sind es immerhin 23 Prozent, die von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte ihr Gehalt überprüfen lassen, steige deutlich, wenn im Betrieb viele Hochqualifizierte arbeiten. Der Frauenanteil spiele dagegen keine Rolle.

Eine aktuelle Umfrage des Ifo-Instituts unter mehreren hundert Personalchefs kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach verlangten Mitarbeiter in nicht einmal jeder zehnten Firma Auskunft über die Gehaltsstruktur – und da, wo sie es taten, gab es Anfragen oft nur vereinzelt. Lediglich jede siebte Anfrage führte dazu, dass die Bezahlung im Anschluss angepasst wurde.

Die Bundesregierung hatte das Entgelttransparenzgesetz verabschiedet, um die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. Unternehmen, die das Gesetz ignorieren, haben aber bislang nichts zu befürchten. Die WSI-Forscher fordern daher eine verpflichtende Überprüfung von Gehaltsstrukturen für alle Betriebe. Der Auskunftsanspruch müsse auch für Angestellte in kleineren Betrieben gelten. Den Unternehmen, die sich nicht an das Gesetz halten, müssten echte Konsequenzen drohen: „Nötig sind strengere Auflagen und spürbare Sanktionen“, schreibt das  WSI.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false